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Zwar ist die Ausstellung des Zeugnisses, wie schon er-
wähnt, noch durch Berücksichtigung weiterer Interessen bedingt.
Allein, dass diese weiteren Punkte für die Aufstellung jenes Ehe-
hindernisses nur von sekundärer Bedeutung waren, zeigt der
Umstand, dass das Zeugnis distriktspolizeiliches Zeugnis ge-
nannt wird — so in Art. 15 des Ausf.-Ges. zur R.-Str.-Pr.-O.
vom 18. August 1879 —-, und dass es die Distrikts-Verwal-
tungsbehörde ist, welche das Zeugnis zu erteilen hat.
Polizeiliche Thätigkeit ist überall da gegeben, wo obrig-
keitliche Befehls- und Zwangsgewalt zum unmittelbaren Schutz
der Volkswohlfahbrt vor Gefährdung angewendet wird. Polizei
im Rechtssinne des Wortes gibt es also nur ım Gebiete der
Wohlfahrts-, der inneren Verwaltung, der Verwaltung schlechthin
und ım Besonderen.
Wenn die Distriktsverwaltungsbehörde dagegen prüft, ob
die vorschriftsmässig erforderliche dienstliche Verehelichungs-
bewilligung des Staatsdieners vorliegt, so sorgt sie für Einhaltung
der staatsdienstlichen Ordnung, für den geregelten Gang der
Staatlichen Geschäftsführung und nicht unmittelbar für die Volks-
wohlfahrt. Und wenn sie Nachweis darüber verlangt, ob der
Verheiratung des Mannes nicht die Militärdienstpflicht hindernd
im Wege steht, so handelt sie um Abwendung von Gefahren von
der Militär-, nicht von der unmittelbaren Wohlfahrtsverwaltung.
Und wenn sie endlich Erhebungen über das Nichtvorhandensein
bürgerlichrechtlicher Ehehindernisse pflegt, so handelt sie zur
Sicherung subjektiver Privatrechte, also im Gebiete der Rechts-
verwaltung, der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Anders dagegen, wenn die Distriktsverwaltungsbehörde die
Frage des Einspruchs gegen Erteilung jenes Zeugnisses prüft.
Hier handelt sie zum unmittelbaren Schutz der Volkswohlfahrt
vor Gefährdung. Es soll die wirtschaftliche Wohlfahrt der
Heimatgemeinden gegen allzu starke Steigerung ihrer Armen-
unterstützungslasten gesichert werden.