Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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Verfolgt nun aber das Verbot, eine Ehe ohne jenes obrig- 
keitliche Ehezeugnis einzugehen, ın erster Linie nur Zwecke der 
Kultur-, der inneren Verwaltung, ist es in erster Linie nur 
Polizeiverbot, so brauchen an sich, wenn anders dem Grundsatze 
der Verhältnismässigkeit von BRechtsnachteil und Verbotsgrund !") 
entsprochen werden will, auch die beschwerenden Rechtswirkungen, 
welche sich an die Nichtbeachtung jenes Verbotes reihen sollen, 
nicht über das Gebiet der Kulturverwaltung hinauszugehen, sie 
sollen vielmehr, wenn auch negativ, lediglich in der Richtung 
zu suchen sein, ın welcher die Vorteile liegen, welche sich an 
die Einhaltung des Gebotes knüpfen. 
Die Verehelichung hat nun nach bayerischem Rechte für 
den Ehemann im (rebiete der Wohlfahrtsverwaltung den Vorteil, 
dass sich seine durch Geburt gewonnene, ursprüngliche Heimat 
aus einer unselbständigen, d. h. vom Wechsel der Heimat 
der Eltern abhängige in eine selbständige verwandelt, für die 
Ehefrau und die durch die Ehe legitimierten und die ehelichen 
Kinder den Vorteil, dass sie mit der Eheschliessung bezw. ehe- 
lichen Geburt die Heimat des Gatten und Vaters erwerben (vgl. 
hiezu Seypen, bayerisches Staatsrecht Bd. III, S. 110 fi.) Es 
werden somit für die Gemeinde, welcher der Ehemann heimatlıch 
angehört, erweiterte Verpflichtungen begründet, die Verpflichtung, 
die Familie des ihr Angehörigen mit einem unentziehbaren Wohn- 
recht in der Gemeinde zu dulden und die Verpflichtung, sie ım 
Unterstützungsfalle mangels anderer öffentlichrechtlich Verpflich- 
teter zu ernähren 1°). 
Die Nichtbeachtung jenes Gebotes erfordert also im In- 
teresse der Wohlfahrtsverwaltung nicht mehr, als dass der ohne 
17) Ueber diesen Grundsatz FRIEDRICH EnDEMANN, die civilrechtliche 
Wirkung der Verbotsgesetze nach gemeinem Recht, 1887 S. 103, 105, 124. 
18) Vergl. Seypeı, bayerisches Staatsrecht Bd. III S. 108 und 109 und 
Bd. V S. 215; ferner mein Art. Heimatrecht im H.-W.-B. der Staats- 
wissenschaften Bd. IV S. 446 ff.
	        
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