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Fraglich konnte nur bleiben, ob man einer solchen Ehe
jede heimatrechtliche Wirkung, auch hinsichtlich des Ehemannes,
oder nur bezüglich Frau und Kinder, versagen sollte.
Zweck der Bindung der Verehelichung an jenes Zeugnis
ist, die Gemeinden vor Erhöhung ihrer heimatrechtlichen Ver-
pflichtungen durch Gründung neuer Familien zu sichern. Man
konnte darüber streiten, ob die mit der Verehelichung gegebene
Verwandlung der Heimat des Mannes aus einer unselbständigen
in eine selbständige eine Erweiterung jener Verpflichtungen mit sich
bringe. Sie vermöchte nur darin gefunden zu werden, dass bei selb-
ständiger Heimat ein Wechsel der Heimatzugehörigkeit vielleicht
weniger oft wahrscheinlich sein dürfte, als bei der von deu Ver-
hältnissen Anderer abhängigen. Allein ebenso leicht kann das
(Gregenteil der Fall sein. Jedenfalls ergibt sich daraus so viel,
dass es wenig Unterschied macht, ob Jie Versagung heimatrecht-
licher Wirkung auch auf die Heimatsverhältnisse des Mannes
ausgedehnt wird oder nicht.
Dass das bisher in Bayern geltende Heimatrecht zu diesen
eben entwickelten rechtspolitischen Anforderungen im schroffsten
Gegensatze stand, bedarf keiner besonderen Betonung, wohl aber
die andere 'Thatsache, dass die gesetzgebenden Organe, welche
zu dem Zustandekonımen des Gesetzes vom 16. April 1868 mit-
gewirkt haben, sich der Nichtbeachtung jenes Grundsatzes der
Verhältnuismässigkeit von Grund und Folge wohl bewusst waren.
Die zwei hervorragendsten Mitglieder des besonderen Aus-
schusses der Kammer der Abgeordneten, welcher zur Beratung
dieses Gesetzes eingesetzt war, Brarer und Eprer, erklärten sich
ausdrücklich gegen den weitgehenden Nachteil der bürgerlichen
Ungiltigkeit.
BRATER führte aus, es sei weder nötig noch ratsam, die
bürgerliche Ungiltigkeit einer solchen Ehe auszusprechen; die
ausgesprochenen Strafdrohungen und Haftungen (der Trauenden)