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und ohne, dass zwischen den Parteien irgendwelche Meinungs-
verschiedenheiten zu Tage getreten wären, angenommen.
Was von einzelnen Rednern insbesondere hervorgehoben
wurde, war die Bemerkung, dass es eine „gewisse moralische
Pflicht“ sei, „Rücksichtnahme auf die Wünsche unserer Bundes-
genossen zu üben“ !?),
Der neue Rechtszustand ist nun der: Der Mangel des Zeug-
nisses hat Wirkungen nur noch hinsichtlich des Heimaterwerbs,
nicht mehr in privatrechtlicher Richtung und in Bezug auf den
Erwerb der Staatsangehörigkeit.
Auch in diesem engeren Umfang hat deren Mangel nur
Wirkungen für die Heimatsrechte der Ehefrau und der ehelichen
und legitimierten Kinder, nicht für den Mann, dessen ursprüng-
liche Heimat trotz des fehlenden Zeugnisses aus einer unselb-
ständigen eine selbständige wird.
Aber auch hinsichtlich der Frage des Heimatserwerbes von
Frau und Kindern entbehrt die ohne Zeugnis eingegangene Ehe
nicht in jedem Falle jeder positiven Wirkung.
Einer solchen entbehrt sie unter allen Umständen nur ın
Bezug auf Erwerb der eigentlichen, wirklichen Heimat, d. h.
derjenigen, welche ausser vermeintlicher Unterstützungsanwart-
schaft auch ein unentziehbares armen- und sicherheitspolizeiliches
Wohnrecht ın der Heimatgemeinde erzeugt, nicht in Bezug auf
die vorläufige Heimat, d.h. diejenige, welche gegenüber der Ge-
meinde nur dieses Wohnrecht, nicht auch jene Unterstützungs-
anwartschaft begründet, letzere vielmehr gegenüber dem Staate
zur Entstehung bringt '?).
12) Vergl. Verh. der K. d. A. 1892, stenogr. Ber. Bd. VIII S. 315 und
339 (Abg. von Fiıscuer), S. 330 (Abg. GunzEnHÄUSsErR); ferner Verh. der
Kammer der Reichsräte 1891/92, Beil. Bd. VII S. 149 ff. (Freib. von Gaıs-
BERG) und Prot. Bd. V S. 247 (derselbe) u. S. 263 (Graf ORTENBURG).
1%) Ueber diese Begriffe SeyperL, bayerisches Staatsrecht Bd. III
109 und Bd. V 215, ferner meinen Art. Heimatrecht a. a. O. Bd. IV
S. 446448.