Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

Jeugnisses ungiltig, nicht zu Recht bestehend. Die rechtskräftige 
Erteilung des Zeugnisses hat nur die Bedeutung, dass gegen die 
beabsichtigte, sonst zulässige Ehe kein gemeindlicher Einspruch 
mehr erhoben werden kann, es hat nicht die Wirkung, dass das 
Ehehindernis des bestehenden Ehebandes in Wegfall kommt. Die 
Interessenten können also auf richterliche Annullierung der zweiten 
Ehe klagen. 
Nach der vordem herrschenden Auslegung ergibt sich folgende 
Bedeutung der rückwirkenden Kraft: der Rechtssatz, dass durch 
den Mangel des Zeugnisses die rechtliche Existenz der Ehe nicht 
berührt wird, vielmehr nur die heimatrechtlichen Wirkungen einer 
rechtlich existenten Ehe fehlen, soll auch für Ehen gelten, welche 
nach bisherigem Rechte überhaupt nicht als rechtlich vorhanden, 
also jeder Rechtswirkung auch im Verhältnis der Ehegatten unter 
einander entbehrend anzusehen waren. Die zweite Ehe besass 
somit bisher volle Giltigkeit und Wirkung. 
Nun ist die erste Ehe so zu behandeln, als hätte der neue 
Rechtssatz schon zur Zeit ihrer Entstehung gegolten. Sie ist 
also so zu behandeln, als wäre sie von Anfang an rechtlich 
existent gewesen. | 
Dann aber ist auch die zweite Ehe nunmehr als eine Ehe 
zu betrachten, welche von ihrem Anbeginne an wegen des impe- 
dimentum ligaminis mit Nichtigkeit belegt war. 
Selbst, wenn die Rechte Dritter bei der Einführung rück- 
wirkender Kraft ausdrücklich vorbehalten werden, hat doch die 
lihefrau der zweiten Ehe, welche in Bezug auf die erste Ehe als 
„Dritter“ gilt, kein Recht auf Bestand der zweiten Ehe. 
Ganz abgesehen davon, dass wir bei anderer Entscheidung, 
nachdem einmal zwei Ehen desselben Individuums nicht neben- 
einander bestehen können, in der ersten Ehe eine Ehe hätten, 
welche rechtlich gar nie existierte, aber ausser bezüglich der 
Heimat der Frau und Kinder die Wirkungen einer existierenden 
nach Aussen hätte, ist der Vorbehalt erworbener Rechte Dritter
	        
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