Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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zum selbstgewählten Berufe nöthigen Kenntnissen auszurüsten. 
Aufnahmeberechtigt sind ehelich geborene, von körperlichen und 
geistigen Gebrechen freie, unbemittelte Waisen, sofern die Heimath- 
gemeinde keine eigene Fonds oder Anstalten besitzt und privat- 
rechtlich zur Erziehung verpflichtete Personen nicht vorhanden 
oder unbemittelt sind. Die zum künftigen Erwerbe ihres Unter- 
haltes voraussichtlich unfähigen Weaisenkinder (Verkrüppelung, 
Blödsinn, Blindheit u. s. w.) fallen nach den Grundsätzen der 
Armenpflege ihren Heimathgemeinden zur Last. 
Die Aufnahme in die Fürsorge auf Kosten der Landeswaisen- 
anstalt vermitteln die Bürgermeistereien (Vorlage der Todes- 
scheine der Eltern, des Geburtsscheins des Waisen, Angabe der 
Familienverhältnisse, kreisärztliches Attest über Gesundheitzustand 
und erfolgte Impfung). Bei vorhandenem, zur Erziehung unzu- 
reichendem Vermögen fliesst das reine Einkommen während (der 
Dauer der öffentlichen Fürsorge in die Kasse der Anstalt. Bei 
der Wahl der Pflegeltern ist auf die individuellen Bedürfnisse 
des Waisen und die Eigenschaften der ersteren zu sehen. Familien 
mit zahlreichen Angehörigen erscheinen nicht geeignet; die Ein- 
nahme aus der Pflege soll keine Erwerbsquelle bilden. Wittwen 
können Mädchen erziehen, ein Wittwer oder lediger Mann kommt 
nicht in Betracht. Am besten eignen sich zu Pflegeltern kin- 
dderlose Eheleute, nahe Verwandte, Pathen, Freunde und Be- 
kannte der verstorbenen Eltern. Im Einvernehmen zwischen 
dem Bürgermeister und Ortsgeistlichen erfolgt der Abschluss eines 
Pflegvertrages nach vorgeschriebenem Formulare, welches die gegen- 
seitigen Rechte und Pflichten enthält. Lange Zeit betrug das jähr- 
liche Pfleggeld nur 36—50 Gulden, daneben übernahm die Landes- 
waisenanstalt bei Krankheiten die Heilungskosten, beim Ableben 
ohne Vermögen das Begräbniss. Von Zahlung des Schulgeldes 
blieben die Waisenkinder, gleichwie die Kinder unvermögender 
Eltern, befreit. 
Mit Beginn der Familienpflege tritt die Thätigkeit der beauf- 
sichtigenden Behörden und Beamten (Ortsgeistliche, Bürgermeister 
und Sanitätsbeamten des Bezirkes) ein. Die ärztliche Controle 
erfolgt so oft sich Gelegenheit bietet, regelmässig alljährlich bei
	        
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