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der unendlichen Tiefe zur Wahrnehmung gelangter Theil einer unabsehbaren
Kette von Ursachen und Wirkungen sei“, so hat er stillschweigend das
Causalitätsgesetz zur Grundlage seiner Schlussfolgerung gemacht. Der Streit
zwischen Deterministen und Indeterministen dreht sich aber eben um die
Frage, ob die Thätigkeit des menschlichen Willens dem Causalitätsgesetze
unterliegt oder nicht.
Tilsit. Frenzel.
Hergenhahn, Das Eheschliessungs- und Ehescheidungs-Recht
nach der Rechtsprechung des deutschen Reichsgerichts.
Zweiter Band. 1893. Hannover. Helwing’sche Buchhandlung. Mk. 6.—.
In dem Ehescheidungs-Rechte nimmt die Ausbildung des Rechts durch
die Praxis unseres höchsten Gerichts eine viel grössere Bedeutung in Anspruch
als in anderen Rechtsmaterien. Denn im Ehescheidungs-Rechte bietet die
theoretische Bearbeitung wenig selbständige und eingehende Leistungen und
ausserdem liegt es in der Natur einer Reihe von Bestimmungen des Ehe-
scheidungs-Rechts, dass ihr Verständniss und die Auseinanderlegung ihres
Inhalts erst durch die praktische Gestaltung der einzelnen Fälle ermöglicht
und gesichert wird.
Die Fortsetzung von HERGENHAHN’s Sammlung des reichsgerichtlichen
Eheschliessungs- und Ehescheidungs-Rechtes in systematischer Zusammen-
stellung ist daher eine erwünschte Bereicherung der eherechtlichen Literatur.
[hr praktischer Werth ist anerkannt, wie dadurch bewiesen wird, dass der
erste Band in zweiter Auflage erschienen ist.
In Beziehung auf die erstrebte Erleichterung des Gebrauchs wäre für
einen dritten Band in Erwägung zu nehmen: bei den Ueberschriften die Ver-
weisung auf die früheren Bände; im Register das Stichwort „Ehescheidungs-
Recht, materielles oder processuales‘; „Compensation im Sinne von Auf-
rechnung und im landrechtlichen Sinne von Veranlassung‘. Ausserdem wäre
erwünscht, wenn auch die S. 91 unter No. 22 angezogene Reichsgerichts-
entscheidung mitgetheilt würde. Göbell.
Triepel, Dr. Heinrich, Das Interregnum, eine staatsrechtliche
Untersuchung. Leipzig 1892. 117 S.
Seit Jahrhunderten aufgerichtet und von der herrschenden Meinung
bewohnt steht das Gebäude eines rechtspersönlichen Staates. Im ersten
Stockwerk fühlt sich der Jurist am sichersten, hier ist ein Monarch vorhanden,
ein lebender Träger für die staatsgewaltlichen Rechte. Im zweiten Stockwerk
kann der Träger seines Amtes schon nicht mehr walten, der Monarch ist
regierungsunfähig, aber er bleibt existent und bedarf nur eines Vertreters in
der Ausübung seiner .Pflichten. Der Herr Verfasser baut eine dritte Etage
auf, eine Wohnung ohne Träger, „wo der Träger weggefallen ist, ohne dass
unmittelbar ein anderes Subject von gleichem rechtlichen Werthe und ideell