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führen. Der eigentliche Zweck des ganzen Werkes ıst, die Anwendung
dieser doppelten Methode zu erklären und zu rechtfertigen. — In diesem
Hauptpunkte nun stimmen wir dem Verfasser rückhaltslos bei. Wie ihm, er-
scheint es uns aussichtslos, ausschliesslich auf den Abschluss inter-
nationaler Verträge auszugehen, und auch uns erscheint es sehr wichtig, die
nationalen Gesetzgeber in der Ausbildung der internationalen Seite ihres
Privatrechts zu ermuthigen.
kin drittes Capitel ist der individuellen Methode gewidmet, deren
Princip Verfasser folgendermassen formulirt: „Der Gesetzgeber eines jeden
Staats soll jedes Rechtsverhältniss nach allen Seiten auffassen, die es bei dem
heutigen Zustand der Menschheit bietet, und dann das Recht darauf an-
wenden, das seiner Natur, d. h. seiner Aufgabe in der allgemeinen, mensch-
lichen Gesellschaft am besten entspricht.“
Damit im Zusammenhang, bestimmt JırTa die Eigenart der universellen
Methode und deren Princip dahin: „Für die Gesammtheit der Staaten eine
gemeinsame Rechtsüberzeugung zu ermitteln und die Ergebnisse dieser Ueber-
zeugung in Regeln niederzulegen, die bestimmt sind, eine allgemeine Anwend-
ung zu finden.“
Hierauf erörtert Verfasser den Gegensatz zwischen dem übereinstim-
menden Gesetz (la loi uniforme), oder besser der internationalen Rechtseinheit
einerseits und der Rechtsharmonie anderseits, d. h. der Versöhnung der ver-
schiedenen Nationalrechte. Er protestirt hier gegen die Tendenz, aus dem
ganzen internationalen Privatrechte uichts als eine „Conflietsabschneide-
maschine“ (une guillotine a conflits) machen zu wollen. „Darin liegt, sagt
er, ein höchst bedauernswerther Irrthum. Unsere Wissenschaft muss von
einern höheren Gesichtspunkt aus betrachtet werden, als das Privatrecht der
allgemeinen Menschengesellschaft und von diesem Gesichtspunkt aus erscheint
das übereinstimmende Recht nicht als die Verneinung unserer Wissenschaft,
sondern ganz im Gegentheil, als eine ihrer Erscheinungsformen.* — Diese
Ansicht theilen wir nicht. Für uns besteht ein tiefgehender Artunterschied
zwischen dem übereinstimmenden Recht (internationaleUebercinkünfte über Trans-
portwesen u. 8. w.) und dem internationalen Privatrecht. Dieses erscheint,
vom positiven Gang wie vom idealen Gesichtspunkt aus, nur darum als ein
Inbegriff eigenartiger Regeln, weil er zwischen mehreren vorhandenen Ge-
setzen die Auswahl trifft, und weil es allein dieser Aufgabe dient. Ja mehr
noch, das übereinstimmende Recht und das internationale Privatrecht sind
sıch ausschliessende Gegensätze. Je weiter das Gebiet des ersten sich aus-
dehnt, um so mehr verengt sich das des zweiten. Diese Weiterbildung des
übereinstimmenden Rechts ist sicher hocherfreulich ; aber es handelt sich hier
nicht um die Werthschätzung, sondern allein um die Bestimmuug der beiden
Begriffe, und da ist das Durcheinanderwerfen der Rechtsgebiete sehr von
Uebel. Auch die Quellen sind für beide ganz gleichmässig, entweder überein-
stimmende Gesetze oder Verträge. — JırrTa scheint uns für diese Frage eine