Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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führen. Der eigentliche Zweck des ganzen Werkes ıst, die Anwendung 
dieser doppelten Methode zu erklären und zu rechtfertigen. — In diesem 
Hauptpunkte nun stimmen wir dem Verfasser rückhaltslos bei. Wie ihm, er- 
scheint es uns aussichtslos, ausschliesslich auf den Abschluss inter- 
nationaler Verträge auszugehen, und auch uns erscheint es sehr wichtig, die 
nationalen Gesetzgeber in der Ausbildung der internationalen Seite ihres 
Privatrechts zu ermuthigen. 
kin drittes Capitel ist der individuellen Methode gewidmet, deren 
Princip Verfasser folgendermassen formulirt: „Der Gesetzgeber eines jeden 
Staats soll jedes Rechtsverhältniss nach allen Seiten auffassen, die es bei dem 
heutigen Zustand der Menschheit bietet, und dann das Recht darauf an- 
wenden, das seiner Natur, d. h. seiner Aufgabe in der allgemeinen, mensch- 
lichen Gesellschaft am besten entspricht.“ 
Damit im Zusammenhang, bestimmt JırTa die Eigenart der universellen 
Methode und deren Princip dahin: „Für die Gesammtheit der Staaten eine 
gemeinsame Rechtsüberzeugung zu ermitteln und die Ergebnisse dieser Ueber- 
zeugung in Regeln niederzulegen, die bestimmt sind, eine allgemeine Anwend- 
ung zu finden.“ 
Hierauf erörtert Verfasser den Gegensatz zwischen dem übereinstim- 
menden Gesetz (la loi uniforme), oder besser der internationalen Rechtseinheit 
einerseits und der Rechtsharmonie anderseits, d. h. der Versöhnung der ver- 
schiedenen Nationalrechte. Er protestirt hier gegen die Tendenz, aus dem 
ganzen internationalen Privatrechte uichts als eine „Conflietsabschneide- 
maschine“ (une guillotine a conflits) machen zu wollen. „Darin liegt, sagt 
er, ein höchst bedauernswerther Irrthum. Unsere Wissenschaft muss von 
einern höheren Gesichtspunkt aus betrachtet werden, als das Privatrecht der 
allgemeinen Menschengesellschaft und von diesem Gesichtspunkt aus erscheint 
das übereinstimmende Recht nicht als die Verneinung unserer Wissenschaft, 
sondern ganz im Gegentheil, als eine ihrer Erscheinungsformen.* — Diese 
Ansicht theilen wir nicht. Für uns besteht ein tiefgehender Artunterschied 
zwischen dem übereinstimmenden Recht (internationaleUebercinkünfte über Trans- 
portwesen u. 8. w.) und dem internationalen Privatrecht. Dieses erscheint, 
vom positiven Gang wie vom idealen Gesichtspunkt aus, nur darum als ein 
Inbegriff eigenartiger Regeln, weil er zwischen mehreren vorhandenen Ge- 
setzen die Auswahl trifft, und weil es allein dieser Aufgabe dient. Ja mehr 
noch, das übereinstimmende Recht und das internationale Privatrecht sind 
sıch ausschliessende Gegensätze. Je weiter das Gebiet des ersten sich aus- 
dehnt, um so mehr verengt sich das des zweiten. Diese Weiterbildung des 
übereinstimmenden Rechts ist sicher hocherfreulich ; aber es handelt sich hier 
nicht um die Werthschätzung, sondern allein um die Bestimmuug der beiden 
Begriffe, und da ist das Durcheinanderwerfen der Rechtsgebiete sehr von 
Uebel. Auch die Quellen sind für beide ganz gleichmässig, entweder überein- 
stimmende Gesetze oder Verträge. — JırrTa scheint uns für diese Frage eine
	        
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