Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

— 1718 — 
Entscheidende ist keine Maschine, kein Hebel, der irgendwo ge- 
drückt, eine mathematisch berechenbare Wirkung ausübt. Allein 
es giebt ein Ermessen von zweierlei Art!'). Das Ermessen, welches 
vom Gesetze freigelassen ist, wo es sich darum handelt, das Recht 
anzuwenden, ist ein richterliches Ermessen!?). Es steht unter 
den Grundsätzen des Rechts und hat nicht danach zu fragen, 
was dem öffentlichen Interesse frommt. Eine Frage des Er- 
messens der Verwaltung liegt dagegen vor, wo die Aufgabe 
nicht die ist, festzustellen, was Rechtens sein soll, sondern wo 
die Entscheidung nach Rücksichten des öffentlichen Interesses zu 
treffen ist!?). Bei der Patentertheilung handelt es sich nur um 
richterliches Ermessen, und zwar um ein auf die Concretisirung 
des Thatbestandes der patentfähigen Erfindung beschränktes Er- 
messen. 
5. Recht und Gerechtigkeit bilden die alleinige Richtschnur 
für die Patentertheilung. Weder von Missgunst, noch von Wohl- 
wollen gegenüber dem Erfinder darf die Rede sein. So scharf 
die Ansicht zu bekämpfen ist, dass es dem Patentamt zustehe, 
das Patentgesetz misstrauisch als ein Ausnahmegesetz zu behan- 
deln, welches Einzelnen zur Bevorzugung und zum Nachtheile der 
zeigt, dass die sorgfältigste für möglichst viele Einzelheiten bedachte Codi- 
fication noch immer dem richterlichen Ermessen einen weiten Spielraum 
lasse, einen Spielraum, der gewiss nicht zu weit ist, wenn die Bewegung 
innerhalb desselben ein ernster wissenschaftlicher Geist beherrscht, viel zu 
weit aber, wenn ihn Gedankenlosigkeit und blosse Routine ausfüllen sollen.“ 
Hartmann, Archiv für civilist. Praxis, Bd. 73, S. 328: „Das beste Gesetz kann 
in Folge einer geistlosen, mechanisch an den Buchstaben der Paragraphen 
klebenden Praxis seine Wirkung verfehlen. Und umgekehrt Gesetzesformu- 
lirungen, die als solche nicht frei von Bedenken sind, vermögen durch eine 
gesund waltende Rechtspflege zum Guten gewendet zu werden.“ 
11) Diesen Unterschied beachtet zu wenig Bernatzik, Rechtsprechung 
und materielle Rechtskraft, 8. 86 ff. 
12) So genannt nicht, weil es ausschliesslich vom Richter, sondern 
desshalb, weil es regelmässig vom Richter ausgeübt wird. 
8) SeypeL, Bayerisches Staatsrecht, Bd. II, S. 441 f. — Orro Mayer, 
Archiv für Öffentl, Recht, Bd. I, 8. 720£.
	        
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