Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass für die an letzter 
Stelle genannten Entscheidungen die Bezeichnung „constitutiv“ 
durchaus zutreffend ist°”., Wie kommt es, dass gleichwohl die 
Patentertheilung von Manchem für bloss declarativ gehalten wird? 
Je weniger eine Entscheidung auf das Ermessen des Ent- 
scheidenden gestellt ist, je bestimmter die anzuwendende Rechts- 
norm, je klarer und einfacher der zu beurtheilende T'hatbestand 
ist, um so directer wird das subjective Recht mit diesen rechtser- 
zeugenden Factoren verknüpft, um so mehr tritt die Bedeutung 
der Entscheidung in den Hintergrund. Ist dagegen dem Ermessen 
des Entscheidenden ein’ weiterer Spielraum eingeräumt, so — sagt 
man — muss das Recht durch den Mund des Richters gehen, 
um existent und verwirklicht werden zu können, weil unmittelbar 
aus dem Gesetze die Betheiligten nicht zu erkennen vermögen, 
was Rechtens ist’°®); die Entscheidung erscheint hier als nothwendige 
Voraussetzung des Rechts und seiner Realisirung°°), 
Die Verurtheilung zur Abgabe von Willenserklärungen, 8. 56 ff., unterscheidet 
Feststellungsurtheile, condemnatorische Urtheile und Urtheile, welche den 
Eintritt von Rechtswirkungen gebieten. — Ueber die Frage, ob die letzteren 
Urtheile ausschliesslich ins Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit fallen, s. 
S. 58 ebenda. — KoHLeEr sagt im Archiv für civilistische Praxis, Bd. 80, S. 269 
Note 1: „Etwas anderes ist es, wenn der Richter zwischen zwei Parteien A und 
B durch Urtheil entscheidet: A ist Eigenthümer und nicht B; etwas anderes, 
wenn durch Vollstreckungsact das Eigenthum von B auf den A übertragen wird; 
denn im ersten Fall handelt es sich um eine Rechtsfestsetzung, im zweiten Fall 
um eine Rechtsschaffung; die erstere kann relativ sein, nicht auch die letztere.“ 
Wir fügen hinzu: Etwas anders ist es endlich drittens, wenn im Theilungs- 
verfahren, das dem A und B gehörige Eigenthum dem A zugesprochen wird. 
87) v, SCHRUTKA-RECHTENSTAMM in Grünhut’s Ztschr., Bd. X, S.182f. Reum, 
Die rechtl. Natur der Gewerbsconcession, S. 76f. Es giebt nicht nur „constitutive 
Verwaltungsacte, Verfügungen“, sondern auch „constitutive Entscheidungen, Ur- 
theile“. Dies wird von BEernartzık (Rechtsprechung und materielle Rechtskraft 
81), Meyer (Staatsrecht 8177, Verwaltungsrecht $8), Lapann (Staatsrecht, Bd. I, 
S.676f.), Mave (Archiv für öff.R., Bd. III, 8.43f.) nicht beachtet. — Die Patent- 
ertheilung steht in der Mitte zwischen der lex specialis und dem Feststellungs- 
urtheil; sie hat wie jene gonstitutiven Effect, sie ist wie dieses Rechtsanwendung. 
68) Vgl. oben die in Note 54 angezogenen Schriftsteller. 
#) Die Neigung der modernen Civil-Gesetzgebung, den Spielraum des
	        
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