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Da das Ermessen des Patentamtes bei der Concretisirung
des Thatbestandes beschränkt, bei der Concretisirung der Rechts-
folgen (ob und in welchem Umfange ein Patent ertheilt werden
soll) völlig ausgeschlossen ist, so halten SArwEY und BRUNSTEIN
die Patentertheilung wohl für bloss declarativ, ist KoHLErR°®) ab-
geneigt, sie für constitutiv zu erklären.
Noch eine andere Erwägung scheint aber bedeutsam zu sein.
Der das Patentrecht erzeugende Thatbestand umfasst verschiedene
Einzelmomente: das Vorhandensein einer patentfähigen Erfindung
und eines patentberechtigten Anmelders, die Patentanmeldung,
die Entscheidung des Patentamtes. Diese Momente treten in be-
stimmter Reihenfolge ein, Erfindung und Anmeldung haben ihren
besonderen Einzelerfolg, die Entscheidung hat erst den Gesammt-
erfolg der Patentrechtsentstehung®!). Gleichwohl macht sich die
Neigung geltend, die causale Kraft der einzelnen Momente gegen
einander abzuwägen und verschieden zu schätzen ®). Wirft man
die Frage auf, welches Moment für die Entstehung des Patent-
rechts das wichtigste sei, so kommt man wohl zu der Ansicht €»),
richterlichen Ermessens zu erweitern, ist bedenklich; es ist die Aufgabe der
Rechtsordnung, die richterlichen Entscheidungen mehr und mehr entbehrlich
zu machen. Vgl. von DER DECKEN, Das vorbestimmte Recht, Lapanp im Archiv
für civil. Praxis, Bd. 73, S. 193. Konter in Ihering’s Jahrb., Bd. 28, 8. 22£.
60) Forschungen 8. 86: „Es ist unrichtig, wenn man vermeint hat, die
Erfindung gewähre vor der Patentirung lediglich eine spes — denn eine spes
ist nicht mehr eine blosse spes, wenn der Staat die Garantie giebt, dass sie
sich, sobald die Voraussetzungen objectiv vorhanden sind, verwirklicht.“
Vgl. auch Autorrecht S. 117.
61) BEKKER, Pandekten, $ 81. Baron in der Ztschr. für Bergrecht,
Bd. 19, S.43 und BrAssert, Comm. zum Allgem. Berggesetz für die preuss.
Staaten, 8. 85.
6%) BIRKMEYER, Ueber Ursachenbegriff u. Causalzusammenhang, S. 17f.
FRANKE in Busch’s Ztschr. f. Civilprocess, Bd. VI, S. 68. Pınniskı, That-
bestand des Sachbesitzerwerbes, S. 165.
02) Bouze, Der Entwurf einer Patentnovelle, S. 159: „Der Rechtsgrund
des Erfinderschutzes ist das geistige Eigenthum des Erfinders, nicht der
formale Act der Verleihung, der freilich dazu kommen soll, damit der Staat
und das Reich die Erfindung als solche anerkennen.“