— 210 —
„Die Bestimmungen der $$ 1—46 treten gleichzeitig mit
dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetze in Kraft.
In anhängigen Sachen können noch vor diesem Zeitpunkte
Ladungen vor diejenigen Landesgerichte erfolgen, welche an die
Stelle der aufgehobenen Gerichte treten“, (— 8 48 des Ges. —)
wörtlich gesagt: „Der Absatz 2 des Entwurfs ist bestimmt,
einen ohne diese Vorschrift unvermeidlichen Rechtsstillstand
zu verhüten, da an sich einem bisher bestehenden, mit dem
1. Oktober aber fortfallenden Gerichte die Befugniss, vor
eines der neu zu bildenden Gerichte rechtsgültig zu laden, nicht
zusteht“. —
Die Richtigkeit dieser Begründung ist aber dürchaus nicht
einzusehen. Jenes Gesetz sagt in den 8$ 7, 8 ausdrücklich, dass
an die Stelle der aufgehobenen Gerichte die neu zu bildenden
Landesgerichte, an die Stelle der Einzelrichter die Amtsgerichte,
an die Stelle der Kollegialgerichte die Civilkammern der Land-
gerichte treten. Das, was man in dem Gesetze über die Bildung
des Landgerichts Memel vermisste und was das Landgericht Til-
sit subintelligirte, war hier also ausdrücklich gesagt. Die Succession
war gesetzlich ausgesprochen; nur nützlich, nicht nothwendig war
die gesetzliche Feststellung des Prädestinirungsrechts, (bezüglich
dessen sodann eine Anweisung durch die Allg. Verf. vom 16. Juni
1879 J.-M.-Bl. 8. 136 erging.) —
Das Gesetz über die Errichtung des Landgerichts Memel
hat einen Stillstand der Justizpflege nicht mit sich bringen wollen
und hätte einen solchen Stillstand nicht beabsichtigen können,
ohne gegen eins auch reichsrechtliche Maxime des Öffentlichen
Rechts zu verstossen. Das Landgericht Tilsit war nicht befugt,
die zur Terminsbestimmung eingereichten Klagen gegen Einge-
sessene der Amtsgerichtsbezirke Memel, Prökuls, Heydekrug, Russ,
auf welche Verhandlungstermine in den Ianuar 1885 hinein anzu-
‚beraumen waren; liegen zu lassen. Es mussten Termine anberaumt
werden entweder vor dem’ Landgericht Tilsit oder vor. dem Land-