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Sachen müssen daher auf die neue Kammer für Handelssachen zu Bochum
in demjenigen Zustande übergehen, in welchem sie sich am 1. Oktober d.J.
befunden haben, und sind von dieser weiter zu bearbeiten.
Hierin liegt das entscheidende Prinzip, wie es mit allen anhängigen
Sachen aus dem Bezirke des neuen Landgerichts zu Bochum zu halten ist,
denn ob ein Gericht eines bestimmten Bezirks ausdrücklich aufgehoben wird,
oder ob ihm seine richterliche Gewalt in dem Bezirk durch Errichtung eines
anderen Gerichts gleicher Kompetenz genommen wird, kann nicht als erheb-
lich betrachtet werden. Massgebend für die Pflicht und das Recht der Be-
arbeitung der Rechtsangelegenheiten in einem bestimmten Bezirke ist nur
der Umstand, wem die richterliche Gewalt und die Jurisdiktionsbefugniss
darin zusteht, und diese ist dem neuen Gerichte am 1. Oktober d. J. bei-
gelegt, ohne dass von dem Gesetze Reservate für das bisherige Gericht
gemacht sind. Es müssen desshalb auch alle vor dem Landgerichte zu Essen
aus dem Bezirke des neuen Landgerichts zu Bochum anhängigen Civilprozesse
an das neue Landgericht zur weiteren Bearbeitung abgegeben werden und
dieses hat sie als allein zuständiges Gericht über seinen Bezirk weiter zu
führen.
Zu erwägen ist hierbei aber noch die Bestimmung des $ 235 Nr, 2
C.-P.-O., nach welcher die Rechtshängigkeit einer Sache bewirkt, dass die
Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine Veränderung der sie begrün-
denden Umstände nicht berührt wird. Diese Bestimmung ist ganz allgemein
gehalten und scheint die vorliegende Frage abweichend dahin zu beantworten,
dass alle anhängigen Sachen, in welchen die Klage gemäss $ 230 C.-P.-O.
erhoben ist, bei demjenigen Gerichte verbleiben müssen, bei welchem sie
anhängig sind, Allein die Umstände, welche hier gemeint sind, sind nur
solche, welche die Parteien oder die streitige Sache betreffen, z. B. Ver-
legung des Wohnsitzes des Beklagten und Entwerthung des Streitgegen-
standes bis unter 300 M. Auf den Fall einer Reorganisation der Gerichte
und auf Umstände, welche die Verfassung der Gerichte: betreffen, ist diese
Bestimmung der Prozessordnung nicht zu beziehen. Es soll hierbei nicht
als entscheidend betrachtet werden, dass sie sich nicht in dem Gerichts-
verfassungsgesesetze befindet. Entscheidend ist, wenn sie überhaupt auf
Gerichtsorganisationen Anwendung finden sollte, müsste sie auch auf den
Fall bezogen werden, dass gewisse Gerichte dabei gänzlich aufgehoben werden,
denn ein rechtlicher Unterschied, ob ein Gericht gänzlich aufgehoben wird,
oder ob ihm seine Gerichtsbarkeit genommen wird, kann nicht gemacht
werden. Bei einem aufgehobenen Gerichte kann aber keine Prozesssache
anhängig bleiben.
Der 8 235 C.-P.-O. wird aber in extensiver Interpretation auf den vor-
liegenden Fall, für welchen er nicht gegeben ist, um so weniger angewandt
werden dürfen, als der muthmassliche gesetzgeberische Wille, falls er direkten
wörtlichen Ausdruck gefunden hätte, sich jener Interpretation entgegen ent-