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besteht darin, dass das reichsgesetzliche Prozessrecht unverkümmert
bleibt, nur in die Verwirklichung desselben ein neuer Organismus
eingesetzt wird durch die zuständige Landesgesetzgebungsgewalt,
nicht eingesetzt wird als ein anfangs noch kümmerliches Wesen
mit unfertigen Schwingen, sondern eintritt in dem entscheidenden
Augenblicke der Mitternacht ebenbürtig und gleich den alten,
sein Territorium ganz und ausschliesslich durchdringend.
Schwierigkeiten entstehen dadurch, dass die Civilprozess-
sachen und Strafsachen in der Lage, in welcher sie sich befinden,
abgegeben werden, nicht, bieten sich aber allerdings für die Ge-
schäfte, welche als Justizverwaltungssachen den Gerichten in
Betreff der Bildung der Schöffengerichte und Schwurgerichte
obliegen. — Der Amtsrichter stellt die von den Gemeindevorstehern
eingesendeten Urlisten für das Schöffenamt zusammen; bei dem
Amtsgerichte tritt alljährlich ein zur Entscheidung über die Ein-
sprachen gegen die Urlisten berufener, aus dem Amtsrichter, einem
Staatsverwaltungsbeamten und sieben Vertrauensmännern be-
stehender Ausschuss zusammen. Erstreckt sich der Bezirk des
Amtsgerichts über mehrere (hinsichtlich der Vertrauensmänner)
wahlberechtigte Verbände, so ist die von jedem einzelnen Ver-
bande zu wählende Anzahl der Vertrauensmänner unter Berück-
sichtigung der Einwohnerzahl durch den Amtsrichter zu bestimmen.
Aus der berichtigten Urliste wählt der Ausschuss für das nächste
Geschäftsjahr die erforderliche Zahl von Schöffen und Hülfs-
schöffen. Die Urliste für die Auswahl der Schöffen dient zugleich
als Urliste für die Auswahl der Geschworenen. Der erwähnte
Ausschuss hat die zu Geschworenen Geeigneten für das nächste
Geschäftsjahr auszuwählen. Das Landgericht wählt die für das
Schwurgericht bestimmte Zahl von Hauptgeschworenen und Hülfs-
geschworenen, (d. Ger.-Verf.-Ges. 88 36ff., 8öfl. und preuss.
Ausf.-Ges. vom 24. April 1878, 88 33 ff.).
Archiv für öffentliches Recht. IX. 2. 16