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Findet sich die Vorschrift über Leistung der Rechtshülfe in
einem Reichsgesetze, so existirt die Rechtshülfepflicht für alle
deutschen Civilgerichte gegenüber sämmtlichen Militärgerichten,
auch denjenigen des Reiches. Hat die Bestimmung indess in der
preussischen bezw. sächsischen Militärstrafgerichtsordnung ihren
Platz, so ist dieselbe für die bayrischen und württembergischen
Civilgerichte nicht massgebend, ebenso wenig wie für die preussi-
schen Civilgerichte die bayrische oder württembergische Militär-
strafgerichtsordnung.
Zweifelhaft ist, ob die Rechtshülfevorschriften der preussi-
schen bezw. sächsischen Militärstrafgerichtsordnung für die Civil-
gerichte auch gelten gegenüber Ersuchen der Gerichte des Reiches,
nämlich der Marine und der afrikanischen Schutztruppe.
Nach 8 4 des Reichsgesetzes vom 22. März 1891 (R.-G.-Bl.
S. 53) werden die hinsichtlich des strafgerichtlichen Verfahrens
gegen die der deutsch-afrikanischen Schutztruppe zugetheilten
Militärpersonen durch die besonderen Verhältnisse der Schutz-
truppe gebotenen Abweichungen von den Vorschriften der Militär-
strafgerichtsordnung vom 3. April 1845 durch Kaiserliche Ver-
ordnung bestimmt. Letztere ist am 3. Juni 1891 erlassen (vgl.
R.-G.-Bl. S. 341).
Die preussische Strafgerichtsordnung ist also massgebend für
die Gerichte der Schutztruppe, und da dies durch Reichsgesetz
bestimmt ist, auch für die deutschen Civilgerichte bezüglich der
Rechtshülfevorschriften. Es muss also z. B. ein bayrisches Civil»
gericht einem Gericht der Schutztruppe nach Massgabe der
88 39, 40, 41, 51 u.s. w. der preussischen Militärstrafgerichts-
ordnung, die bei Gründung des Reiches ausdrücklich von der
Einführung in Baiern und Württemberg ausgenommen war,
Rechtshülfe zu leisten.
Die deutsche Reichsmarine ist aus der preussischen hervor-
gegangen. Als die letztere im Jahre 1848 ins Leben gerufen
wurde, da wäre es angezeigt gewesen, durch ausdrückliche Vor-