Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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hier keine Anwendung finden, da auch sie nur das Civil- und 
Strafrecht berücksichtigen. 
Vielfach ist die Ansicht vertreten, dass die Vorschriften des 
gewöhnlichen Strafprozesses, also der Strafprozessordnung auf 
das Disciplinarverfahren subsidiäre Anwendung zu finden haben. 
So hat z. B. das Landgericht zu Bückeburg das Amtsgericht da- 
selbst angewiesen, dem Ansuchen einer preussischen Civildisciplinar- 
behörde um Vernehmung von Zeugen zu entsprechen. (Vgl. BöHm, 
Zeitschr. f. internat. Priv.- u. Strafrecht. Bd. IS. 371). 
Allein die Strafprozessordnung findet ausdrücklicher Vor- 
schrift gemäss nur auf Strafsachen Anwendung, welche vor die 
ordentlichen Gerichte gehören. 
Der vormalige Obertribunal hat ferner in seiner Entscheidung 
vom 10. Mai 1861 (GOoLTDAMMER’S Archiv. Bd. 9, S. 487) ange- 
nommen, dass die Kriminalordnung auch den Fall einer Discipli- 
naruntersuchung treffe. In den Gründen ist ausgeführt, dass 
der in den 88 7, 8, 311 ff. u. 337 Krim.-O. ausgesprochene Grund- 
satz als ein allgemein geltender aufgefasst werden müsse und eben 
desshalb auf das eigentliche Kriminalverfahren nicht zu beschränken 
sei, wie dies nicht nur aus der allgemeinen Fassung jener Vor- 
schriften, sondern aus der entsprechenden Vorschrift des 8 179, I, 
10 der Allg. Ger.-Ord. hervorgehe. Allein die Begründung des 
Obertribunals scheitert, wie auch KRONECKER im Gerichtssaal 
Bd. 33 S. 582 zutreffend bemerkt, an dem Wortlaut des $12 
a.2.O., welcher bestimmt: „die Vorschriften dieser Kriminalord- 
nung finden auf alle Arten von Kriminaluntersuchungen An- 
wendung.“ 
Ueberdies erlässt das Ehrengericht selbst keine Requisitionen. 
Dasselbe fungirt lediglich als Spruchgericht. Die Untersuchung 
wird durch den Ehrenrath geführt. Letzterer ist aber als „Ge- 
richt“ nicht anzusehen. 
Der $ 29 der Verordnung über die Ehrengerichte vom 
20. Juli 1843 bestimmte nun: „Vorladungen von Zeugen und
	        
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