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Nach 8 12 a.a. O. finden die Vorschriften dieser Kriminal-
ordnung auf alle Arten von Kriminaluntersuchungen Anwendung.
Dass diese Bestimmungen der Kriminalordnung noch zu
Recht bestehen, folgt aus 8 6 des Einf.-Ges. z. St.-P.-O., welcher
die strafprozessrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze nur für
den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausser Kraft setzt.
Das Militärgericht ersucht also das zuständige Amtsgericht,
den „ordentlichen Richter“ der betreffenden Person um Verhängung
von Geld- bezw. Grefängnissstrafe, um die Aussage bezw. Beeidi-
gung derselben zu erzwingen.
Bei Ausmessung der nach $ 312 Kriminalordnung zu verhän-
genden Strafen wird man jedoch über die in dem 8 69 St.-P.-O.
gesteckten Grenzen wohl nicht hinausgehen dürfen. (Vgl. auch
JASTROW a. a. O. S. 515).
Die Befugniss, Zeugen eidlich zu vernehmen, steht auch den
Ehrenräthen der Ehrengerichte zu (vgl. $ 28 der Verordnung vom
20. Juli 1843 und 8 36 der Kabinetsordre vom 2. Mai 1874).
Die bereits mitgetheilte Kabinetsordre vom 18. Juli 1844
(G.-S. 8. 299) bestimmt, dass Jedermann im Staate ohne Unter-
schied des Standes, in ehrengerichtlichen Untersuchungen sich als
Zeuge vernehmen zu lassen, schuldig ist, und der Vorladung zur
eidlicher Vernehmung als Zeuge in einer solchen Untersuchung
— gleichviel ob die Vernehmung durch den Ehrenrath oder ein
dazu requirirtes Militär- oder Civilgericht erfolgen soll — bei Ver-
meidung der im $ 312 der Kriminalordnung angedrohten Strafen
genügt werden muss.
Diese Bestimmung gilt, wie oben nachgewiesen ist, jetzt im
ganzen Reich mit Ausnahme Bayerns. Auch bei den Ehren-
gerichten setzt der zuständige Amtsrichter die Strafen gemäss
& 312 der Kriminalordnung fest. Dieser Paragraph bezieht sich
aber nur auf den Fall, wenn Jemand sich weigert, als Zeuge sich
vernehmen zu lassen. Es ist auffällig, dass die Kabinetsordre von
1844 nicht auch den $ 337 a.a. O. mit aufgenommen hat, in