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Wenn wir den reichen Stoff überblicken, welchen dieses System der
subjektiven Rechte uns bietet, so werden wir eine ganze Gruppe vermissen.
Das öffentliche Eigenthum, die öffentlich-rechtliche Servitut, die Konzession
von besonderen Nutzungsrechten an öffentlichen Sachen, kurz alles was wir
unter dem Namen öffentliches Sachenrecht vereinigen möchten, ist
nirgends zu finden. Es ist nicht vergessen, sondern der Verf. hat es absicht-
lich bei Seite geschoben. Er handelt unter der Lehre von den Reflexrechten
auch vom Gemeingebrauch und schliesst daran die Bemerkung: „Aus den
vorstehenden Erörterungen ergiebt sich die Unhaltbarkeit der Idee eines
öffentlichen Sachenrechtes*“. Dieser Schluss erscheint aber durch das Aus-
geführte jedenfalls nicht in dem ganzen Umfang als gerechtfertigt. Der
wahre Grund liegt wohl mehr darin, dass das öffentliche Sachenrecht in
den Zusammenhang der Status sich schwer einfügen liess; das persönliche
Element drängte sich dabei allzusehr in den Vordergrund des Interesses.
In den „abschliessenden Erörterungen“ des letzten Abschnittes ge-
langen zunächst die drei Status noch einmal zur Verwendung; sie liefern die
leitenden Gesichtspunkte für die Lehre von Aufhebung öffentlicher Rechte,
vom Verzicht darauf und von Modifikationen derselben. Alles das
kann, wie der Verf. darthut, in manchfachster Weise stattfinden und das
Ergebniss, zu welchem er gelangt, ist gewiss gerechtfertigt: der Satz, öffent-
liches Recht kann durch Privatwillkür nicht modifizirt werden, hat keinen
Anspruch auf unbedingte Geltung (S. 332).
Sodann tritt der Verf., und zwar, wie uns dünkt, wiederum mit vollem
Recht, der Meinung entgegen, als gehöre es zum Wesen des subjektiven
öffentlichen Rechts mit Rechtsschutz und Zwang, also förmlichem
Klagerecht ausgestattet zu sein (S. 333 ff... Es genügt eine „Garantie der
Verwirklichung des Rechts“, die in irgend einer Weise, mehr oder weniger
vollkommen gegeben sein kann.
Es muss sogar noch weiter gegangen werden. Nach dem Verf. ist
„das Bestehen wirksamen Rechtsschutzes des individuellen Interesses stets
«in Kriterium formellen individuellen Rechtes“ (S. 334). Das ist richtig,
insofern das Klagerecht selbst ein formelles individuelles Recht ist und zwar
eines der ausgeprägtesten subjektiven öffentlichen Rechte. Unrichtig aber
wäre es anzunehmen, dass das Klagerecht stets nur zum Schutze eines anderen
subjektiven Rechtes gegeben sein könne, das hinter ihm stünde. Wenn z.B.
der Preussische Kreisausschuss im Verwaltungsstreitverfahren ausspricht,
auf welche Höhe der Wasserstand eines Stauwerkes nach freiem Ermessen
der Verwaltung zu bestimmen ist, so kann ja doch von einem darin geltend
zu machenden. Recht auf eine bestimmte Höhe nicht die Rede sein. Im
Gegentheil, das Gesetz setzt gerade voraus, dass ein klares Recht nicht nach-
zuweisen ist und stellt desshalb die Ordnung in das Ermessen der Verwal-
tung. Dass der Ausspruch nur in Form der Rechtspflege ergeht, das ist dann
allerdings ein formelles Recht der Partheien, aber ein selbständiges für sich.
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