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späterer Zukunft die von Fuar verfochtenen Ideen für die weitere Entwick-
lung unsrer Strafjustiz von massgebender Bedeutung sein werden. Wird
doch, und zwar mit Recht, jetzt mehr und mehr bei allen Gesetzesvorlagen
die Frage gestellt, welchen Werth dieselben in socialpolitischer Beziehung
haben. Dieser Standpunkt eben ist es, dem die Ausführungen Funr's ganz
besonders Rechnung tragen, und eben desshalb ist ihnen eine hohe Bedeutung
nicht abzusprechen.
Hannover. Dr. Cohen.
Criminalpolitische Bekämpfungsmethoden. Von Dr. jur.
Andreas Thomsen, Berlin. J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, 1893.
Der Verf. betrachtet in seiner Schrift die verschiedenen Methoden der
Bekämpfung der strafbaren Handlungen vor, bei und nach der That, wie
erstere aus einer grossen Reihe von Gesetzbüchern ersichtlich sind. Er be-
rücksichtigt hierbei ausser den deutschen Strafgesetzen die der nach der
Völkerwanderung in ganz Europa entstandenen germanischen Eroberungs-
staaten, ferner der alten Römer, Griechen, Aegypter, die Strafgesetze In-
diens, Annams, Chinas u. s. w. Der Standpunkt, von welchem aus THomsEn
dieses thut, ist der psychologische. Er untersucht, welchen Einfluss dieses
und jenes Verfahren auf den Willen des zum Verbrechen geneigten Men-
schen ausübt. Seine ganze Darstellung ist und sollte nur sein eine fest-
stellende, und er vermeidet es daher fast vollständig, ein subjektives Urtheil
über die Zweckmässigkeit oder Unzweckmässigkeit einer Methode abzugeben,
mit Recht, denn die ganze Betrachtungsweise ist — was im vorliegenden
Fall nicht ohne weiteres als Fehler hingestellt werden darf — eine einseitige
und daher nicht geeignet, den Werth oder Unwerth irgend einer Methode
erkennen zu lassen.
Hannover. Dr. Cohen.
L. Krahmer, Dr. med., Geheimer Medicinalrath, Professor der Heilmittel-
lehre und Kreisphysikus des Saalkreises aD. Halle. Die Lehre
von geselligen Menschen und seinen landesgesetz-
lichen Zuständen. Entwurf einer gerichtlichen Medicin für
Juristen oder für Unterricht, Gesetzgebung und Rechtspflege. Halle,
Max Niemeyer, 1892.
In der vorgenannten Schrift versucht der Verf., aus der Beschaffenheit
des Menschen als Gesellschaftswesens begrifflich nachzuweisen, wie und warum
der einzelne sich so und nicht anders dem Staate und den Nebenmenschen
gegenüber zu verhalten hat. Mit dieser Aufgabe verbindet er die, ein knapp
gehaltenes Lehrbuch einer gerichtlichen Medicin zu geben. Ausgesprochener-
massen wollte KRAHMER ausserdem durch die Schrift a priori den Nachweis
erbringen, dass die socialistischen Lehren Irrlehren seien. Die Begründung
ist ebenso wie die ganze sonstige Arbeit sehr abstract und dunkel gehalten.
Archiv für Öffentliches Recht. IX. 2. 20