Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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Gottes das menschliche Regiment verneint und die menschliche Ordnung 
und Thätigkeit Gottes Walten aufhebt. Darum steht nach Sonm die Kirche 
vor der Wahl, ob sie rechtliche Mittel gebrauchen oder Gottes Walten 
gläubig erwarten will, und die Stiftung rechtlicher Ordnungen wird als ein 
unfrommer Akt aufgefasst, der auf das Vertrauen zum göttlichen Wirken 
verzichtet hat. Dass rechtliche Formen im Vertrauen auf Gottes, die Ge- 
schichte durchwaltendes Wirken gestiftet und benützt werden können, wird 
nicht als möglich behandelt, während es umgekehrt in der Konsequenz des 
Glaubens liegt, dass ihm die göttliche Wirkung auch dann gewiss und heilig 
bleibt, wenn sie naturhaft oder historisch vermittelt ist, und durch den 
Dienst von Menschen und menschlichen Institutionen uns erreicht. SoHM’s 
Theologie hat eine von der Natur abgewandte, in die Innerlichkeit des 
Menschen sich verschliessende Tendenz, die das ganze Gebiet des zur Ge- 
schichte sich ausbreitenden Lebens der Gemeinschaft als etwas ungöttliches 
ignorirt. 
Dass Sonm zur Begründung seines Satzes eine besonders ernste Auf- 
merksamkeit den Anfängen der Kirche widmet, ist durch die Natur der 
Sache gegeben. Er beschreibt uns die apostolische Kirche als frei von jeder 
rechtlichen Bildung. Die entscheidende Frage ist hier die, ob die ersten 
Vertreter des christlichen Gedankens Ortsgemeinden begründet haben. SoHM 
hat dies verneint; nur „Versammlungen“ habe es gegeben, ohne fixirten Be- 
stand, von denen jede sich als die Erscheinung und Repräsentanz der ge- 
sammten Christenheit, des „Volkes Gottes“, betrachtet babe. Es scheint 
dem Unterzeichneten nicht schwer, aus den neutestamentlichen Dokumenten 
den Gegenbeweis zu führen, dass die Abgrenzung der „Bruderschaft“ von 
denen, welche „draussen“ waren, eine sehr bestimmte gewesen ist, dem 
entsprechend, dass sie nicht nur zu einem momentanen Zweck, sondern zu 
einer festen, das gesammte Leben umfassenden Einheit verbunden war, und 
weiter dem entsprechend, dass der Eintritt in die Gemeinde durch die Taufe, 
also durch einen formellen, sichtbaren Akt, stattfand. Schon damit ist 
„Kirchenrecht“ gegeben, auch im Sinn des von Soam verwendeten Begriffe, 
dass es sich beim „Recht“ darum handle, dass Thatsachen zu den in ihnen 
formell begründeten Konsequenzen gebracht werden. Denn die Taufe bildete 
eine Thatsache, der die formellen Konsequenzen nicht versagt wurden. Der 
Getaufte hatte ein Recht an die Bruderschaft und war berechtigtes Glied 
der Ekklesia. 
Wie die Bildung des Episkopats der für die Umbildung des Kirchen- 
rechts entscheidende Faktor war, so ist für die erste Zeit die Stiftung des 
Apostolats das massgebende Moment. Zeitlich und sachlich ist dieselbe das 
erste, was die Begründung der Kirche eingeleitet hat. Auch hier ist der 
Nachweis leicht zu führen, dass von einem Apostel,amt“ auch im rechtlichen 
Sinn gesprochen werden muss. Die Thatsache, dass die betreffenden Männer 
von Jesus beauftragt waren, hat darin ihre Konsequenz gefunden, dass ein
	        
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