Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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das Domicil im: Staatsgebiete bestimmten Volks. Das Land ist 
nicht das Object der staatlichen Herrschaft, sondern seine Be- 
wohner sind die Bürger des Staats. Die Landesgrenzen sind die 
Volksgrenzen. Die principiell richtige und praktisch zweckmässige 
Durchführung dieser Grundsätze in der Indigenatsgesetzgebung 
wird erst dann vollkommen gelingen, wenn diese Gesetzgebung 
nicht mehr: ausschliesslich von den Zwecken staatlicher Selbst-. 
sucht, sondern von völkerrechtlichen Principien beherrscht sein 
wird. Wie die Festsetzung der Gebietsgrenzen ein zweiseitig2s 
Geschäft ist, so müsste auch die personenrechtliche Begrenzung 
des staatlichen Machtgebiets auf internationalem Wege erfolgen. 
Das deutsche Indigenatsgesetz weist auf diesen Weg hin, indem 
821 Abs. 3 die Verkürzung der zehnjährigen Frist durch Staats- 
verträge in Aussicht nimmt. Während aber das französische. 
Gesetz von 1889 dem internationalen Gesichtspunkte dadurch ge- 
recht wird, dass der Verlust des Indigenats nur als die Folge 
des Erwerbs einer fremden Staatsangehörigkeit zugelassen wird, 
werden durch die Anwendung des deutschen Rechts der Ent- 
lassungsurkunde jedes Jahr zahlreiche Individuen ohne Staats- 
angehörigkeit producirt. Völkerrechtlich ist dieses Verfahren un- 
wirksam. Der deutsche Emigrant hört für das Ausland nicht auf, 
Deutscher zu sein!?2). Wenn er verarmt oder aus anderm Grunde 
dem fremden Staate unbequem wird, kann sich das deutsche Reich 
nicht weigern, ihn wieder aufzunehmen. Die völkerrechtliche Un- 
wirksamkeit eines staatsrechtlich gültig vorgenommenen Rechts- 
geschäftes ist gewiss ein Symptom eines inneren Widerspruchs 
in der Rechtsordnung, dem durch die Annahme des französischen 
18) STOERK (HOLTZENDORFF, Handb. d. Völkerrechts ILS. 603) nimmt an, dass 
die Bestimmungen über die Entlassungsurkunde „stillschweigend voraussetzen“ 
den Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit. Bis dahin soll der Entlassene 
nicht nur völkerrechtlich als Deutscher gelten, sondern auch das Recht haben, 
„sein deutsches Indigenat wieder aufleben zu lassen“, wenn er sich in Deutsch- 
land niederlässt. Dies Resultat wird gewonnen durch die, wie mir scheint, 
nicht ausreichend begründete Analogie der Bestimmung in $ 21 des Gesetzes.
	        
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