Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

erworben werden könne, so sei dasselbe seinem inneren Wesen 
nach ein Privatrecht. 
Dieser schiefen Verwerthung des Genossenschaftsprincips ist 
Folgendes entgegenzuhalten: Es gibt auch auf dem Gebiete des 
öffentlichen Rechts Thatsachen, welche Pflichten erzeugen, die 
Entstehung derselben hindern, entstandene Pflichten ver- 
nichten. Soweit nun eine neue Pflichtenordnung concrete Be- 
freiungstitel aus älteren Epochen vorfindet, so steht sie nur vor 
der Wahl, ihre fernere Wirksamkeit ganz oder zum Theil anzuer- 
kennen, oder ihnen jede Wirksamkeit zu versagen. Im ersteren 
Falle bildet der Befreiungstitel eine, die Entstehung öffent- 
licher Pflicht hindernde Thatsache auch unter der Herr- 
schaft der neuen Ordnung. Es kann aber keinem Zweifel unter- 
liegen, dass die Entscheidung über die Rechtmässigkeit der Be- 
streitung des Bestandes einer öffentlichen Pflicht, eine Ent- 
scheidung über Bestand oder Nichtbestand einer öffentlichen 
Pflicht, somit über einen öffentlich-rechtlichen Streit sei”), auf 
welche Thatsache immer die Negation gestützt werden möge. 
Selbst, wenn man glaubt, immer und überall bei der Lösung 
öffentlich-rechtlicher Probleme auf das Genossenschaftsprincip 
recurriren zu müssen, So muss man sagen, die Frage, ob ein 
Genosse von einer bestimmten für die übrigen Genossenschafter 
bestehenden Pflicht ausgenommen sei, ist eine Frage des Verbands- 
rechts, auf welche Thatsache immer die Ausnahme gestützt, und 
aus welcher Zeit immer die pflichtenhindernde Thatsache stammen 
mag. Wenn das württembergische Gesetz vom 18. Juni 1849 den 
Streit, ob eine in dem Gemeindeverbande befindliche Realität 
durch einen lästigen prjvatrechtlichen Titel die Steuerbefreiung 
erworben habe, auf den Civilrechtsweg verweist, so wird durch 
7) So auch neuestens HÄner, Deutsches Staatsrecht S. 159 Anm. 7: 
Individuelle Befreiungen kraft eines speciellen Rechtstitels begründen kein 
privatrechtliches Verhältnis».
	        
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