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positiv-rechtliche Bestimmung aus den bereits erörterten Gründen
die Zuständigkeit des Civilrichters für die Entscheidung über
den Bestand oder Nichtbestand einer öffentlichen Abgabenpflicht
festgesetzt, somit ausnahmsweise der Civilrichter zur Uebung von
Verwaltungsgerichtsbarkeit berufen. Demungeachtet bleibt der
Streit ein Streit über ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältniss.
Was die Exemtionen von Gemeindeabgaben anbelangt, die öfters
zur Entscheidung durch die Gerichte gelangen, so ist über die-
selben Folgendes zu bemerken: Stammen solche Exemtionen aus
der Zeit der Autonomie der städtischen Gemeinden, so kommt
es darauf an, ob ein neues Gemeinderecht, welches solche Exem-
tionen nicht kennt, rückwirkend sein will oder nicht. Im letzteren
Falle reihen sich diese Exemtionen, sie mögen auf einseitige
Verfügungen oder Verträge zurückzuführen sein, unter die übrigen
in dem modernen Gemeinderecht anerkannten Befreiungsgründe,
über deren Vorliegen, von positiv-rechtlichen Bestimmungen ab-
gesehen, der Verwaltungsrichter zu erkennen hat. Nach modernem
Gemeinderecht wird man, da das Heberecht der Gemeinde der
Erfüllung ihrer staatlichen Pflichten zu dienen hat, davon aus-
zugehen haben, dass die Gemeinde zur Einräumung der Freiheit
von Gemeindeabgaben nicht befugt sei. Dagegen erscheint sie
innerhalb der gesetzlichen Grenzen befugt, eine bereits bestehende
Abgabenschuld, beziehentlich die einzelne Leistung zu erlassen.
Da aber ein solcher Erlass auch nichts anderes ist als eine That-
sache, welche einen entstandenen öffentlich-rechtlichen Anspruch
der Gemeinde aufhebt, so ist auch der Streit über das Vorliegen
und die Wirkungen desselben keine Civilrechtssache.
Es erübrigt noch einigen Fragen näher zu treten, welche
SARWEY®) im Zusammenhange mit den historischen Privatrechts-
titeln behandelt hat, und die auch wirklich im Zusammenhange
mit denselben stehen. Was gilt von den öffentlichen Pflichten,
8) a. a. O. S. 840 u. ff.