Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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Rechtssicherheit derjenigen, welche ihr Handeln nach jenem der 
Behörde einrichten. Am eingehendsten hat BERNATZIK in seiner 
Rechtssprechung und materielle Rechtskraft (S. 283 ff.) diese 
Frage erörtet. 
Es kann sich dabei immer nur um solche behördliche Acte 
handeln, welche die Rechtssphäre der Einzelnen von irgend einer 
Seite treffen; denn hinsichtlich solcher Acte, welche keinerlei 
Rechtsverhältniss zwischen Staat und Einzelnem herstellen oder 
treffen, kann von einem Individualanspruch auf die Aufrechter- 
haltung ihrer Wirkungen keine Rede sein. 
Durch Irrthum hervorgerufene, oder ihren Gegenstand und 
Zweck aus Irrthum verfehlende Handlungen der Behörden ver- 
letzen entweder ein gesetzlich anerkanntes öffentliches Inter- 
esse in rechtswidriger Weise oder nicht. Im ersteren Falle 
verschwindet die Frage nach dem Einflusse des Irrthums auf die 
Wirkung der beeinflussten behördlichen Handlung gegenüber der 
Frage, in wie fern überhaupt rechtswidrige Verletzungen eines 
öffentlichen Interesse der Rechtssicherheit zu Liebe sollen stehen 
gelassen werden? Für diese Frage bleibt es sich völlig gleich, ob 
die Verletzung unter dem Einflusse des Irrthums also bona fide 
oder dolos erfolgt sei. Wir haben es eiufach zu thun mit der 
Frage, in welchem Umfange der Staat seinen Anspruch auf ge- 
setzmässige Wahrung seiner Interessen dem Bedürfnisse nach 
Rechtssicherheit zu opfern habe? 
Das ist nun keine Frage, welche sich nach einem formalen 
logischen Principe beantworten liesse, sondern einfach eine Frage 
de lege ferenda. Ihre legislative Lösung wird jedesmal zu er- 
folgen haben unter Entgegenstellung und Abwägung der Bedeutung 
des öffentlichen Interesse, dessen Präclusion in Frage steht, und 
des Individualinteresse, welches gegen die Zurücknahme, gegen die 
Vernichtung behördlicher Acte geschützt werden soll, ferner unter 
Berücksichtigung des Grades der Wahrscheinlichkeit für das Ein- 
treten von Präclusionsfällen, endlich unter Bedachtnahme auf 
Archiv für Öffentliches Recht. IX. 8. 24
	        
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