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Leistenden ändert und die Leistung früher wegen der Aussichts-
losigkeit einer Beschwerde erfolgt ist. Wie man sieht, bestelit
der Grundsatz der materiellen Rechtskraft endgiltig gewordener
Entscheidungen und Verfügungen principiell wohl gegen den
Einzelnen und zum Vortheil derjenigen staatlichen Interessen,
denen die endgiltige Entscheidung oder Verfügung zu Statten
kommt, wogegen er sich als giltig zum Nachtheile öffentlicher
Interessen nicht nachweisen lässt. Das Hinderniss der versäumten
Beschwerde besteht nicht in jenen Fällen, in welchen ohne vor-
hergegangene Entscheidung oder Verfügung, oder mehr, als nach
derselben zu leisten ist, entrichtet, oder eine bereits getilgte
Abgabe noch einmal geleistet wird. Hier kann nur die Frage
nach der Verjährung des Rückforderungsanspruchs erhoben
werden, welche gesetzlicher Regelung bedarf?®).
Da der moderne Staat eine Uebung oder ein Gewohnheits-
recht, welches dem Gesetze zuwiderläuft, nicht anerkennt, so ver-
mag eine noch so lange währende irrthümliche Handhabung des
geltenden Rechts durch die Behörde weder eine giltige Uebung
noch auch Gewohnheitsrecht zu erzeugen. So die Entscheidung
des preussischen Oberverwaltungsgerichts Bd. XIII No. 38. Die
tirolische Gemeindeordnung bestimmt ın ihrem $ 63, dass sich
in Bezug auf das Recht und das Maass der Theilnahme an den
Nutzungen des Gemeindegutes nach der bisherigen giltigen
Uebung zu benehmen sei. Dagegen würde es wohl überall zu
grossen Störungen und Verwirrungen auf dem Gebiete der staat-
lichen Verwaltungsthätigkeit führen, wollte man alle Uebungen
und Rechtsstätze, die nur praeter legem sind, aus dem Grunde
für wirkungslos erklären, weil eine irrthümliche Praxis der Be-
28) Dies die dem Wesen der Rechtsmittel entsprechende Praxis des
österr. Verwaltungsgerichtshofs (Bupw. No. 283, 740). Jedenfalls darf die
condictio indebiti niemals dazu verwendet werden, um die gesetzlichen Be-
stimmungen tiber die Präclusion von Anfechtungshandlungen ihrer Wirkung
zu berauben.