Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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gemein haben, von denen sie aber in ihrem Wesen grundsätzlich ver- 
schieden sind. 
In der deutschen Genossenschaftsgesetzgebung bis zu dem Ge- 
setz von 1889 wie in den Vorgängern dem preussischen Gesetz 
von 1867 und den übrigen bundesstaatlichen Gesetzen, in soweit 
sie zunächst hier in Betracht kommen, ist denn auch überall streng 
durchgeführt, dass die Grundlage der Genossenschaft Personen 
und nicht Capitalien bilden, und sind hieraus alle nothwendigen 
Uonsequenzen gezogen. 
Die ersten Genossenschaften — in dem Sinne, in dem wir 
hier dieses Wort auffassen: nämlich freie Vereinigungen von 
nicht geschlossner Mitgliederzahl zur Förderung von Erwerb 
oder Wirthschaft ihrer Mitglieder — wurden durch den Kreisrichter 
Dr. Herrmann Schulze aus Delitzsch oder auf dessen Anregung in 
der Provinz Sachsen im Jahre 1849 und 1850 gegründet: also 
im Gebiet des allgemeinen Landrechts, wo ihnen in Betreff der 
Haftpflicht keine Wahl blieb, denn die erlaubte Privatgesellschaft, 
und nur um diese konnte es sich als Form für die Genossenschaft 
handeln, liess nur die unbeschränkte Haftpflicht zu; die Mit- 
glieder mussten den Gläubigern direct unbeschränkt und soli- 
darisch haften, da die Vertreter der Genossenschaft Dritten gegen- 
über nur die Bevollmächtigten der Mitglieder der Genossenschaft 
waren. Dieser rechtliche Zustand entsprach aber auch vollkom- 
men den wirthschaftlichen Verhältnissen dieser Genossenschaften, 
bei denen es sich darum handelte einer Anzahl Handwerker und 
Arbeiter, die nur über geringe Mittel verfügten, den notlı- 
wendigen Credit zu verschaffen, was allein auf der weitgehendsten 
Haftbasis möglich war. 
lässt unbeachtet, dass hierin nur ein Schutz gegen die persönliche Haftpflicht 
liegt, die letztere bleibt immer das entscheidende Moment; es hiesse aber un- 
wirthschaftlich handeln, wollte man es unterlassen, die persönliche Haft durch 
Capitalbildung zu schützen und zu stärken. Bei der Bildung der Stamman- 
tbeile (richtiger „Geschäftsantheile“) sprechen überdies wichtige erzieherische 
Momente mit.
	        
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