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eine grosse Wohlthat empfinden, so würde es wohl auch bei den
Uonsumvereinen in Bayern der Fall sein, wenn jenes Gesetz hier
eingeführt würde. Bestehen doch für die Consumvereine, wenn
sie nur wenige Gläubiger haben, die Gefahren der Solidar-
haft... in noch viel geringerem Grade als für alle anderen Er-
werbs- und Wirthschaftsgenossenschaften!“
Das sind Beispiele für die in den Kreisen der Genossenschafter
herrschenden Anschauungen über die Genossenschaftsgesetzgebung
und die Haftpflicht *?).
Ganz verfehlt ist es, wenn heute vielfach für die durch das
Genossenschaftsgesetz von 1889 eingeführte beschränkte Haftptlicht
auf das sächsische und das bayerische Gesetz als auf Vorbilder
hingewiesen wird. Das sind sie nicht im Entferntesten, denn diesen
beiden Gesetzen war eine persönliche Haftpflicht der Mitglieder wie
sie dasGesetz von 1889 auch für die Genossenschaft mit beschränkter
Haftpflicht fordert, gänzlich unbekannt. Die Genossenschaften jener
Gesetze — insoweit sie auf beschränkter Haftbarkeit beruhen —
sind mehr oder weniger Capitalgesellschaften allerdings ohne die
Voraussetzung zu erfüllen, die man gewohnt ist an eine solche zu
stellen: Vorhandensein eines bestimmten den Mitgliedern entzogenen
Capitals. Weit eher finden wir in der Genossenschaft mit beschränk-
ter Haft, wie sie sich indem neuen Genossenschaftsgesetze bietet, eine
Erfüllung der Forderungen ScHuze’s: es ist keine Capitalgesellschaft,
hat daher auch nicht deren Voraussetzungen zu erfüllen, sondern
eine Personalgesellschaft, die in der persönlichen (beschränkten)
Haftpflicht der Mitglieder einen wesentlichen Bestandtheil ihrer Cre-
ditbasis hat, und dies war es, worauf ScHuLzeE das grösste Gewicht
legte. So sprach er auch 1876 in den Blättern für Genossenschafts-
wesen als seine Ansicht aus, dass das thatsächliche Erforderniss der
persönlichen Haftpflicht durch das Gesetz nicht für Gesell-
12) Vollkommen auf dem Standpunkte ScHunze’s steht auch Sarwey
im Württembergischen Archiv für Recht und Rechtsverwaltung XII S. 125 ff.