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ebenso bereits die Entwürfe desselben — hat von der ausschliess-
lichen Zulassung der unbeschränkten Haftart abgesehen; das
Gesetz enthält sogar drei verschiedene Haftarten :: die unbeschränkte
Haftpflicht, die beschränkte Haftpflicht und die unbeschränkte
Nachschusspflicht ; letztere interessirt uns hier jedoch nicht, sie
unterscheidet sich von der unbeschränkten Haftpflicht nur durch
die Geltendmachung der Haftpflicht und ist aus einem Com-
promiss im Reichstage über die Beibehaltung des sogen. Einzel-
angriffs hervorgegangen. Wir haben es hier nur mit der Zu-
lassung der beschränkten Haftpflicht zu thun. Hierüber heisst
es in der Begründung des Gesetz-Entwurfs *): „Eine gesetzliche
Ausschliessung der unbeschränkten Solidarhaft muss ausser Be-
tracht bleiben. Es entspricht nicht nur dem historischen Ent-
wickelungsgange der Genossenschaften und ist an sich rathsam, das
Haftungsprincip, unter welchem dieselben zur Blüthe gelangt sind,
beizubehalten, vielmehr ist und bleibt diese Haftungsart auch
wirthschaftlich zweifellos berechtigt. Für einen grossen Theil
der Genossenschaften wird die unbeschränkte Solidarhaft auch
in Zukunft die unentbehrliche Grundlage ihres Credits bleiben ...
Dagegen entspricht der absolute Zwang zu dieser einzigen Haft-
form nicht mehr dem wirthschaftlichen Stand des Genossenschafts-
wesens. Es gibt zahlreiche Genossenschaften, welche Credit nur
in geringem Umfange beanspruchen. Consumvereine, Werk-
genossenschaften, Magazinvereine und andere mehr... führen
ihren Geschäftsbetrieb mit verhältnissmässig wenig fremdem
Capital. Die unbeschränkte Solidarhaft ist hier ebenso unnöthig
wie unnatürlich, weil der Einsatz, den jeder Einzelne mit seiner
Person und seinem ganzen Vermögen leistet, ausser Verhältnis
zu dem immer nur beschränkten Nutzen steht, den er in der
en nn
44) Entwurf eines Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirthschafts-
genossenschaften nebst Begründung und Anlagen. Amtliche Ausgabe. Franz
Vahlen, Berlin 1888 S. 52 ff.
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