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lichen Entwicklung des Binnenverkehrs, der Unerträglichkeit der
gesetzlichen viel schwereren unbeschränkt persönlichen Haftung
bewusst ward. Dazu hat auch die veränderte Praxis der Ver-
sicherungsgesellschaften beigetragen, welche nach Bezahlung des
Schadens ihrer Güterversicherten deren Rechte gegen den Binnen-
Frachtführer jetzt geltend zu machen pflegen, während man früher
den Frachtführer meistens unbehelligt liess.
Der Entwurf scheint sich die Aufgabe gestellt zu haben, die
Haftpflicht des Frachtführers in einer Weise zu regeln, welche
dem Ladungsbetheiligten genügen und zugleich dem Frachtführer
die Ueberzeugung gewähren soll, dass er nicht schwerer belastet
wird als billig und erträglich, so dass’ sich hoffen lässt, es werde
von Versuchen weiterer Herabminderung der Haftung des Fracht-
führers durch Freizeichnung Abstand genommen werden. Aus
diesem Gesichtspunkt vermittelt der Entwurf in folgender Weise:
Er behält in $ 57 grundsätzlich die strenge Haftung des Fracht-
führers ex recepto bei, nur mit der erwähnten in H.G.B. Art. 607
Abs. 2 auch dem Rheder zugestandenen Milderung. Er verschärft
andererseits gleichzeitig in $ 3 die Haftung des Schiffseigners für
aussercontractliches Verschulden seiner Leute in denjenigen deut-
schen Rechtsgebieten, in welchen bisher aussercontractlich vom
Schifiseigner nur für culpa in eligendo gehaftet wird, indem die
seerechtliche Verantwortlichkeit des Rheders nach H.G.B. Art. 451
für alle Schäden eingeführt wird, welche eine Person der Schifts-
besatzung Dritten durch Verschulden in Ausübung ihrer Dienst-
verrichtungen zufügt. Dem steht aber gegenüber zu Gunsten des
Schiffeigners und Frachtführers in $ 4 die allgemeine Beschränk-
ung seiner Haftung in Gemässheit H.G.B. Art. 452, also die
Einführung der seerechtlichen unpersönlichen Haftung nur mit
Schiff und Fracht. Ausserdem wird schon Kraft Gesetzes in
$ 58 die Haftung des Frachtführers in den Fällen ausgeschlossen,
in welchen nach H.G.B. Art. 424 die Eisenbahnen, wie in $ 67
des Eisenbahnbetriebsreglements geschehen, Befreiung von der
Haftung sich ausbedingen können; auch die Vermuthung des Ein-
tritts eines Schadens durch die nicht zu vertretende Gefahr, falls
er aus derselben entstehen konnte, wird gesetzlich festgelegt.