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aber doch umgestempelt hat, sie sich innerhalb der Friedens-
ordnung nicht mit sich selbst in Gegensatz bringen darf. Im
deutsch-monarchischen Staate ebenso gut wie im Deutschen Reiche
können wohl völkerrechtliche Verträge abgeschlossen werden, ohne
dass sie wie andere de norma nothwendig die Durchgangsstelke der
formalen Gesetzgebung passiren müssen; kein Vertrag, der zum
staatlichen Gesetz, zur staatlichen Norın geworden ist, kann aber
in Friedenstagen abgeändert oder zeitlich suspendirt werden, ohne
Mitwirkung der an seinem Zustandekommen verfassungsmässig
betheiligten Factoren. Hier gilt das tiefsymbolische Ordnungs-
princip aus GoETHE’s Faust: „Wo sie hereingeschlüpft, da müssen
sie hinaus. Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir
Knechte.‘“
Diese Mitwirkung ist natürlich juristisch stets vorhanden,
wenn in Staatsverträgen selbst, welche den Gesetzgebungsweg
durchlaufen mussten, eine bestimmte zeitliche Vertragsdauer, eine
Verlängerung, Kündigung etc. vorgesehen ist, — in allen diesen
Fällen liegt gesetzliche Kraftübertragung, oder wie LaBann sagt,
Delegation vor für die Regierung. Jeder Rechtsact der Reichs-
regierung ist in diesem Falle nur soweit in lege fundirt als jene
gesetzliche Ermächtigung reicht. Hier liest die Grenzlinie zwi-
schen Recht und Unrecht, zwischen der Ausübung competenter
Befugnisse und Competenzüberschreitung seitens der obersten
Reichsorgane.
Ohne zwingenden Grund erweitert JELLINEK?) die „Delegation“
LABanps zu einer „Generaldelegation“ für das Staatsoberhaupt,
das kraft seiner ihm verfassungsmässig zustehenden Repräsentativ-
gewalt zur Aufhebung, beziehentlich zur Suspension der Verträge
und der aus ihnen resultirenden Gesetze befugt sein soll. Viel
zutreffender ist der Aufbau dieser Zuständigkeit auf der Grund-
lage des ius belli bei JeLLınek, wonach der zur Kriegserklärung
9) Gesetz und Verordnung S. 363.
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