— 502 —
liche Integrität, die Ehre oder das Vermögen der Einzelnen
dolos oder culpos verletzt. Das sind auch die Voraussetzungen
einer eventuellen Haftung des Staates für schuldhaftes Han-
deln seiner Organe. Ohne die Forderung der Vernichtung oder
der Verletzung eines öffentlich-rechtlichen Rechtsanspruchs
des Einzelnen gegenüber dem Staat geräth das Princip
der Haftung des Staates und seiner Organe aus schädigenden
Amtshandlungen in die Gefahr der Masslosigkeit. Dies zeigt die
GHIERKE’sche Formulirung des Haftungsprincips, von welcher es
nicht einmal sicher ist, ob sie nicht Anspruch auf Geltung de
lege lata erhebt (a. a. O. 8. 794): „Wir werden auch dem Staat,
den Gemeinden und allen anderen öffentlich-rechtlichen Körper-
schaften eine privatrechtliche Ersatzverbindlichkeit für den Scha-
den aufzubürden haben, den ihre Organe innerhalb ihrer Wirkungs-
sphäre durch schuldhafte Verwendung oder Nichtverwendung
öffentlicher Machtmittel anrichten.“ Diese Formulirung macht
die ganze staatliche Verwaltung zum Gegenstande eines Privat-
anspruchs. Sie schliesst beispielsweise die Klage nicht aus auf
Ersatz von Vermögensschäden, welche den Einzelnen aus dem Inhalt
eines ungeschickt abgeschlossenen Handelsvertrages erwachsen *?).
Mora. Der Mora debitoris kommt auf dem Gebiete
des öffentlichen Rechts eine mannigfaltige Bedeutung bei. Sie
ist regelmässige Voraussetzung für den Eintritt der administra-
tiven Zwangs- und Polizeistrafgewalt; bald zieht sie Rechtsver-
wirkung nach sich. So sind nach einzelnen österr. Gemeinde-
ordnungen Diejenigen, welche mit einer öffentlichen Gemeinde-
abgabe oder mit der Legung der Rechnung über eine ihnen von
der Gemeinde anvertraute Vermögensverwaltung im Rückstande
sind, so lange die mora dauert, von der Betheiligung an den Ge-
meindewahlen ausgeschlossen. Säumniss in der Entrichtung öffent-
licher Abgaben begründet kraft gesetzlicher Bestimmung die Ver-
4) Schärfer ist die Begrenzung der staatlichen Haftpflicht auf
8. 797. 1. c.