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Dass bestimmte Öffentliche Interessen einer unbedingten An-
erkennung der materiellen Rechtskraft zu Gunsten des Einzelnen
und zum Nachtheile dieser Interessen entgegenstehen, wurde be-
reits oben auseinandergesetzt. Dagegen neigt die Gesetzgebung
und die Praxis der Anerkennung der materiellen Rechtskraft einer
Verfügung zu Gunsten des Staates zu. So darf der Anspruch
des Staates aus einer formell rechtskräftigen und von unsanir-
baren Nichtigkeiten freien, auf eine öffentlich-rechtliche Geld-
leistung gerichteten Verfügung nicht mehr in Frage gestellt werden
durch Erhebung der condictio indebiti. Ferner hängt es
zum Theile mit der materiellen Rechtskraft der formell rechtskräf-
tigen Verfügung zusammen, dass sie nicht durch Vindicationen,
Besitzstörungs-, Restitutions-, Schadensersatzklagen auf einem
Umwege ihrer Wirkung beraubt werden kann, möchten solche
Klagen auch vor einem Verwaltungsgerichtshofe erhoben werden.
Für die Giltigkeit und Wirksamkeit der Verfügung sind die
hiefür bestehenden besonderen Bestimmungen massgebend. Regel-
mässig wird die Wirksamkeit nicht berührt dadurch, dass der
Verfügende über die durch Gesetz an die Verfügungen geknüpf-
ten Wirkungen im Irrthum sich befunden hat.
Völlig unberührt bleibt auch das Wesen einer Verfügung,
wenn zur Wirksamkeit des in derselben enthaltenen oder
durch sie hervorgerufenen Imperativs erforderlich ist, dass Der-
jenige, an den sich die Verfügung richtet, durch dieselbe gebunden
sein wolle und dies ausdrücklich oder durch concludente Hand-
lungen zu erkennen gibt: Sofern eine staatliche Willenserklärung,
sei es in Folge ihrer inneren Bedeutung, sei es nach Massgabe
der gesetzlichen Bestimmungen über ihre formalen Voraussetzungen,
über die Form ihrer Anfechtung und ihre Wirkungen Verfügung
ist, erscheint es unzulässig, sie als Offerte gegenüber einer nach-
folgenden Subjection oder als Acceptation gegenüber einem vor-
hergegangenen Ansuchen zu behandeln. Hält man an diesem
Satze nicht fest, so gelangt man zu einer masslosen, praktisch