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rungen geschützt. Das Beispiel der cahiers de charge als Grund-
lage der Ansprüche des Unternehmers öffentlicher Arbeiten an
den vergebenden Staat aus dem französischen Verwaltungsrecht
ist bekannt °*). Aber das österreichische Recht bietet noch in-
teressantere Beispiele: so die gesetzförmig niemals publicirte Aller-
höchste Entschliessung vom 25. Mai 1859, enthaltend allgemeine
Grundsätze in Betreff der Herstellung von Pferde-(Hipposidir-)
bahnen auf gewöhnlichen Strassen, die wichtigste Grundlage des
österr. Tramwaywesens. Durch solche nicht gesetzförmig publi-
cirte „Entschliessungen“ ist eine Reihe von Befugnissen der Privat-
lehranstalten geregelt. Ferner erscheinen die Sanitätspolizei-
behörden in Betreff der Handhabung der Arzneimittelpolizei
gebunden an die jeweilige nicht in Gresetzesform sondern selbst-
ständig erscheinende officielle Ausgabe der österreichischen Phar-
macopöe, zu deren Anschaffung Apotheker, Aerzte, Thierärzte
verpflichtet sind. In dem Falle Nr. 260 Hye klagte ein österr.
Kronland den Staat auf Ersatz bestimmter Auslagen, welche das
Kronland durch Entlohnung des für gewisse sanitätspolizei-
liche Massnahmen verwendeten ärztlichen Personals gemacht
hatte. Das österr. Reichsgericht entscheidet: „Der über Aller-
höchste Weisung ergangene Erlass des Minist. des Innern vom
17. Februar 1858 Z. 23992 hat im Punkt 3 angeordnet, dass
hinsichtlich der aus Anlass zeitweilig auftretender Epidemieen und
Epizootien erwachsenen Sanitätsauslagen, die Diäten und Reise-
auslagen des hiebei aus öffentlichen Rücksichten verwendeten
Sanitätspersonals der Staatschatz zu tragen habe. Das
Reichsgericht konnte die volle Geltung dieser Bestimmung auch
dadurch nicht für erschüttert ansehen, dass der Statthalter von
Krain diesen Erlass nicht publicirt hat, weil es sich nicht um
eine für Andere verbindliche Rechtsnorm, sondern um die
Uebernahme einer Verpflichtung auf den Staats-
5) Orro MavEr a. a. 0. 8. 295.