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welche von der Praxis mit Entschiedenheit abgelehnt wird und
Misstrauen gegen alle theoretischen Untersuchungen hervorruft.
Oft wird die gründliche Erforschung der Verwaltungsgesetz-
gebung der absolutistischen Epoche von ihrem Anbeginne die
fortdauernde Geltung gewisser Normen ergeben und lehren, dass
nur der Schein einer Rechtslücke bestehe. Dabei hat man sich
nicht auf Gesetze zu beschränken, welche ex professo sich als
verwaltungsrechtliche geben, sondern auch die grossen Privat-
rechtscodificationen des vorigen Jahrhunderts heranzuziehen, von
denen einzelne eine ergiebige Auslese von öffentlich-rechtlichen
Bestimmungen bieten.
Aber auch die fruchtlose Befragung des geltenden positiven
Rechts vermag für sich allen noch nicht die Legitimation zur
subsidiären Anwendung von Rechtssätzen zu begründen, die zu-
nächst für Privatrechtsverhältnisse aufgestellt sind. Dieselbe er-
scheint vielmehr selbst dann nur in zwei Fällen zulässig. Einmal,
wenn sich diese Rechtssätze als unabweisliche, logische Consequen-
zen eines aus dem geltenden öffentlichen Rechte nachweisbaren
Rechtsbegriffs darstellen. Dies gilt z. B. von dem Rechtssatze,
dass dissensus das Zustandekommen eines Vertrages hindere. In
solchen Fällen kann eigentlich nur von einer Entwicklung eines
dem öffentlichen Rechte mit dem Privatrechte gemeinsamen Rechts-
begriffs und nicht von subsidiärer Anwendung des Privatrechts ge-
sprochen werden.
Eine solche findet einerseits statt und ist andererseits zu-
lässig, wo das Gesetz bei der Regelung öffentlich-rechtlicher Rechts-
verhältnisse zunächst auf dem Gebiete des Privatrechts ausgebil-
dete Rechtsbegriffe verwendet und dabei Fragen unbeantwortet
lässt, deren Lösung aus dem Begriffe allein nicht erfolgen kann.
Man kann hier von einer concludenten gesetzlichen Ermäch-
tigung zu einer derartigen Ausfüllung einer bestehenden Gesetzes-
lücke sprechen. Würde beispielsweise das allgemeine bürgerliche
Gesetzbuch eine bestimmte Form für die: Begründung eines Man-