Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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cutionsactes vorliegt. Wenn man bedenkt, von’ welch’ compli- 
cirten Erwägungen ethischer, finanzieller, verwaltungspolitischer 
Natur selbst die bewusste gesetzgeberische Regelung des öffentlich- 
rechtlichen Schadensersatzrechtes auszugehen genöthigt ist, so muss 
die scrupellose Anwendung privatrechtlicher Normen aufschädigende 
hoheitliche Acte, wie sie in der deutschen gerichtlichen Praxis 
anzutreffen ist, den Eindruck einer gewissen Sorglosigkeit oder 
Naivität erregen. Freilich findet diese Privatisirungstendenz ihre 
Grenzen an der sich aufdrängenden Erkenntniss, dass sie bei 
schrankenlosem Fortschreiten zu einer vollständigen Verwirrung 
der Grenzen der Competenz der Civilgerichte und der Verwal- 
tungsbehörden, zu einer Unterstellung der letzteren unter eine 
civilgerichtliche Controlle führen muss. Damit erklärt es sich, 
dass civilgerichtlicher Schutz gegen formell correcte und materiell 
rechtswidrige Verwaltungsacte regelmässig nur zur Abwehr 
grober administrativrer Willkür und zur Ausgleichung uner- 
träglicher Härten der Gesetzgebung geübt wird. So interessant 
nun dieser Kampf der verschiedenen an der Verwaltung der 
Staatsgewalt in verschiedener Richtung betheiligten Personen 
auch sein mag, so muss doch im Interesse einer ebenmässigen 
Entwicklung des öffentlichen Rechts gewünscht werden, dass die 
Reaction der Civilgerichte gegen administratives Unrecht in 
jenen Fällen unterbleibe, in welchen dasselbe durch verwaltungs- 
gerichtlichen Rechtsschutz beseitigt werden kann, sowie dass die 
Civilgerichte, wenn sie, sei es kraft positiv-rechtlicher Bestim- 
mung oder zur Befriedigung eines Triebes nach höherer Gerechtig- 
keit, sich mit dem Schutze publicistischer Ansprüche befassen, eine 
der Natur des Stoffes angemessenere Behandlung eintreten lassen, 
welche nicht den Eindruck des Fremdartigen und Schablonenhaften 
‚macht. Freilich setzt dies die Beseitigung des Uebelstandes voraus, 
gegen den LORENZ STEIN schon vor geraumer Zeit seine Stimme 
erhoben hat, dass die juristische von den deutschen Universitäten 
‚gewährte Ausbildung nicht eine vorherrschend pandektistische sei.
	        
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