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cutionsactes vorliegt. Wenn man bedenkt, von’ welch’ compli-
cirten Erwägungen ethischer, finanzieller, verwaltungspolitischer
Natur selbst die bewusste gesetzgeberische Regelung des öffentlich-
rechtlichen Schadensersatzrechtes auszugehen genöthigt ist, so muss
die scrupellose Anwendung privatrechtlicher Normen aufschädigende
hoheitliche Acte, wie sie in der deutschen gerichtlichen Praxis
anzutreffen ist, den Eindruck einer gewissen Sorglosigkeit oder
Naivität erregen. Freilich findet diese Privatisirungstendenz ihre
Grenzen an der sich aufdrängenden Erkenntniss, dass sie bei
schrankenlosem Fortschreiten zu einer vollständigen Verwirrung
der Grenzen der Competenz der Civilgerichte und der Verwal-
tungsbehörden, zu einer Unterstellung der letzteren unter eine
civilgerichtliche Controlle führen muss. Damit erklärt es sich,
dass civilgerichtlicher Schutz gegen formell correcte und materiell
rechtswidrige Verwaltungsacte regelmässig nur zur Abwehr
grober administrativrer Willkür und zur Ausgleichung uner-
träglicher Härten der Gesetzgebung geübt wird. So interessant
nun dieser Kampf der verschiedenen an der Verwaltung der
Staatsgewalt in verschiedener Richtung betheiligten Personen
auch sein mag, so muss doch im Interesse einer ebenmässigen
Entwicklung des öffentlichen Rechts gewünscht werden, dass die
Reaction der Civilgerichte gegen administratives Unrecht in
jenen Fällen unterbleibe, in welchen dasselbe durch verwaltungs-
gerichtlichen Rechtsschutz beseitigt werden kann, sowie dass die
Civilgerichte, wenn sie, sei es kraft positiv-rechtlicher Bestim-
mung oder zur Befriedigung eines Triebes nach höherer Gerechtig-
keit, sich mit dem Schutze publicistischer Ansprüche befassen, eine
der Natur des Stoffes angemessenere Behandlung eintreten lassen,
welche nicht den Eindruck des Fremdartigen und Schablonenhaften
‚macht. Freilich setzt dies die Beseitigung des Uebelstandes voraus,
gegen den LORENZ STEIN schon vor geraumer Zeit seine Stimme
erhoben hat, dass die juristische von den deutschen Universitäten
‚gewährte Ausbildung nicht eine vorherrschend pandektistische sei.