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Daraus folgt, dass die zur Zeit des Vertragsschlusses bestehenden
Währungsverhältnisse wesentliche Voraussetzungen des Vertrags
selbst sind und ihre Aenderung im Wege autonomer Anordnung
des einen Theiles den andern Theil nicht berühren kann. Die
entgegengesetzte Ansicht verstösst gegen die Grundlagen des
völkerrechtlichen Vertragsrechts, sie steht mit dem Zweck der
Zoll- und Handelsveriräge direkt im Widerspruch. Ist es der
Zweck dieser, für eine Reihe von Jahren die Gebühren festzu-
setzen, deren Bezahlung die Bedingung für die Waareneinfuhr
bildet, so wird die Erreichung desselben unmöglich gemacht, wenn
während der Vertragsdauer der eine oder andere Staat das Recht
in Anspruch nimmt, die Art und Weise der Bezahlung jener in
einer Weise zu regeln, welche die Höhe der Gebühren selbst
betrifft; auf diese Weise kann sich ein Staat höhere Zolleinnahmen
verschaffen, als ihm auf Grund des Vertrags zustehen. Zur Ver-
theidigung der entgegengesetzten Meinung kann man sich nicht
auf die Autonomie berufen, welche den Staaten gestattet, ihre
Währungsverhältnisse nach ihrem Gutdünken zu regeln; diese
Autonomie hat durch den Abschluss eines Zollvertrages eine zeit-
weilige Bindung und Einschränkung erfahren, welche es nicht
möglich macht, die etwa für nothwendig erachtete Aenderung der
Währung auch gegenüber den Angehörigen eines Staates zur An-
wendung zu bringen, welcher auf der Basis der vormals bestan-
denen Währungsverhältnisse einen Vertrag abgeschlossen hat.
Allerdings muss zugegeben werden, dass die hier vertretene Ansicht
für Staaten mit schlechten und schwankenden Valuten zu erheb-
lichen Unannehmlichkeiten führen kann, für sie können die verein-
barten Zölle in Folge der Valutaschwankung thatsächlich niedriger
werden; Italien liefert hierfür ein lehrreiches Beispiel. Seit Ab-
schluss der Zollverträge von 1892 ist die Entwerthung des italieni-
schen Papiergeldes noch grösser geworden, so dass die Impor-
teure, wenn sie die Gebühren mit Papiergeld ohne Aufgeld zahlen
dürften, thatsächlich zu niedrigeren Sätzen einführen würden, als