Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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liche Natur des Versicherungsanspruchs beeinflusst, vielfach 
dem preussischen Verwaltungsstreitverfahren (Gesetz über die all- 
gemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883) nachgebildet. Von 
letzterem urtheilt einer unserer besten Kenner des Civilprocess- 
rechtes, — R.-Ger.-Rath a. D. Dr. OÖ. BiHur — dass wir in ihm 
„einen vernünftigen Process vor Augen haben, der mit dem 
leidigen Formalismus des Civilprocesses gänzlich gebrochen hat“, 
Unsere Darstellung beschränkt sich auf das Berufungs- 
verfahren vor den Schiedsgerichten, welches 
gegen die Feststellungsbescheide der Berufsgenossenschaften ge- 
richtet ist. Das Verfahren ist vorwiegend zur Vermeidung 
von Streitigkeiten angeführt worden. Eine ortspolizeiliche Unter- 
suchung stellt Art und Umfang des Betriebsunfalls fest, dem- 
nächst erfolgt die Feststellung des Entschädigungsanspruchs selbst 
(Unfallrente) durch die Berufsgenossenschaft, die Trägerin der 
Versicherung, wobei den Betheiligten Gelegenheit gegeben ist, 
sich über die Grundlagen der Berechnung zu äussern. Gegen 
den Bescheid findet binnen vier Wochen nach der Zustellung die 
Berufung auf schiedsrichterliche Entscheidung bei dem Vorsitzen- 
den des Schiedsgerichts statt. Für einen Theil der Ansprüche 
ist diese Entscheidung eine endgiltige, für einen anderen Theil 
steht den Versicherten das Rechtsmittel des Recurses zu. Ueber 
den Recurs haben das Reichsversicherungsamt und in ihren Zu- 
ständigkeitskreisen die Landesversicherungsämter zu entscheiden. 
Die zu gleichen Theilen aus Mitgliedern der Genossenschaft und 
Vertretern der Versicherten zusammengesetzten Schiedsgerichte 
bilden die erste und, mit Rücksicht auf die Untersuchung der 
thatsächlichen Verhältnisse, besonders wichtige Berufungsinstanz. 
Das Schiedsgericht hat den Charakter eines dauernd fungirenden 
Specialgerichtshofs, nicht die Bedeutung eines auf Grund Schieds- 
vertrages für einen Einzelfall gebildeten Schiedsgerichts im Sinne 
der 88 85lff. der deutschen Civilprozessordnung‘), weshalb der 
gewöhnliche Rechtsweg bei den hier in Betracht kommenden 
4) S. Verordnung über das Verfahren von den auf Grund der Unfall- 
vers.-Gesetze errichteten Schiedsgerichte v. 2. Nov. 1885. Von Reg.-Rath 
Dr. ZeıLer. Berlin 1889. Siemenroth und Worms.
	        
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