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Formen, als diejenigen des Civilprozesses sind. Sein eigenthüm-
licher Charakter könnte nun diesem Verfahren leicht zerstört
werden, wenn auf dem Wege analoger Anwendung die Bestim-
mungen der O.-P.-O. in verständnissloser Weise der Reihe nach
einfach herübergenommen würden. Dies entspräche der Absicht
des Gesetzgebers nicht. Allgemeinen Rechtsgrundsätzen entspricht
es vielmehr, etwa vorhandenen Lücken soweit als möglich aus
den Grundsätzen und den besonderen Vorschriften dieses Ver-
fahrens selbst zu ergänzen und auf die ‚Justizgesetze nur im
Nothfalle und soweit ihre Einrichtungen zu diesem Streitverfahren
passen, zurückzugreifen“.
Zu enge Grenzen würden gezogen werden, wenn man nur
die ausdrücklich für anwendbar erklärten Bestimmungen zulassen
wolite. Die kaiserl. V.-O. sind absichtlich nur in kargen, das
Wesentliche hervorhebenden Umrissen gefasst, um dem freien
Ermessen des Schiedsgerichts den vollsten Spielraum zu lassen.
Die Anwendung eines Grundsatzes des allgemeinen Prozessrechtes
ist daher im einzelnen Falle zu prüfen; im Laufe der Zeit bildet
sich durch die Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes eine
bestimmte Praxis®).. Im Allgemeinen beruht das Verfahren auf
den Grundsätzen der Verhandlungsmaxime, der Mündlichkeit und
Oeffentlichkeit?).
2) Die Zusammensetzung der Schieds-
gerichte.
Die Bezirke der Schiedsgerichte decken sich mit den Be-
zirken der Berufsgenossenschaften, auch der Sitz soll mit denen
der Berufsgenossenschaften und Sectionen möglichst zusammen-
fallen; er wird von der Centralbehörde des Bundesstaates, sofern
der Bezirk über die Grenzen hinausgeht, im Einvernehmen mit
den Centralbehörden vom Reichsversicherungsamt bestimmt (8 46
V.-V.-G, 8 50 L. u. F. U.-V.-G, $ 36 L. U.-V.-G., $ 49
®) Handbuch der Unfallversicherung. Die Reichs-Unfallvers.-Gesetze
dargestellt von Mitgliedern des Reichs-Vers.-Amts nach dem Actenmateriale
dieser Behörde. Leipzig, Verlag Breitkopf und Härtel. 1892. S. 708 fig.
®) 8. Pınoty, L. c. 8. 628, 629.