Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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Stimmabgabe!?); Eid der Beamten!?); Annahme von Gemeindegenossen; 
Polizeivorschriften über Wegunterhalt, Lebensmitteltaxen ; Feiertage, Forst- 
polizei’). 
B. Gerichtsverfassung und Gerichtsverfahren). Zu- 
lässige Verwandtschaft der Rechtsprecher und Zeugen zu den Parteien; 
Löhnung der Rechtsprecher und Zeugen; Verhalten der Parteien vor Gericht; 
Verbot allzuvieler „Aufzüge“ (Verschiebungen) u. s. w. Auf Gastgerichte 
ist öfter Bezug genommen. Die Schuldbetreibung auf dem Weg des Pfändens 
und Schätzens ist äusserst summarisch, doch nur auf Gut, nicht auf die 
Person gerichtet; der überschuldete Debitor allein kann „von Ehr und Eid 
gesetzt“ und des Landes verwiesen werden. Uebrigens ist die Betreibung 
in verschiedener Weise abgestuft, je nach dem Charakter der Schuldforderung 
(Lidlohn, geliehen und gesprochen Gelt, andere Schulden). 
C. Strafrecht. Die busswürdigen Frevel sind überall mit fest- 
stehenden Ausdrücken charakterisirt und es stehen die Quellen in dieser Be- 
ziehung in Uebereinstimmung mit denen anderer Kantone, Schwerere Ver- 
gehen werden von der Obrigkeit nach Gestalt der Sache und billigem Er- 
messen an Leib, Gut und Ehren bestraft. Nur ausnahmsweise findet sich 
vom 16. Jahrhundert weg, etwa in Anlehnung an die C. C. Tirolensis, eine 
Aufzählung von peinlichen Verbrechen, welche mit Todesstrafen bedroht 
sind. Sonst bilden Geld- und Ehrenstrafen, in schweren Fällen Landes- 
verweisung, die Regel. Eine grosse Rolle spielt das Einziehen der Bussen- 
gelder; bisweilen wird der mit ersterem betraute Beamte je nach dem Erfolg 
seiner Thätigkeit belohnt. — Seit dem 16. Jahrhundert werden Verletzungen 
der Sittlichkeit und Ehrbarkeit ausführlicher behandelt; Spielen und Tanzen 
sind meist völlig verboten, ersteres scheint im Volksleben keine geringe 
Rolle gespielt zu haben, wie man aus der konstant wiederkehrenden Vor- 
schrift schliessen kann, dass die Ehefrau von Spielschulden des Mannes nicht 
betroffen werden solle. ZEingehend normirt ist überall das Verhalten der 
Betheiligten und Hinzukommenden bei Streithändeln („Stoss und Späne“), 
das Institut der Trostung und des gelobten Friedens. 
13) „Es soll ein jeder mindern oder mehren, wie, wo oder was ihn Gott 
ermahnet“. — „.. . debent admonere populum quod debeat considerare 
honorem ac utilitatem communitatis et per juramentum eorum dare suffragia 
... et non suas proprias utilitstes considerare.“ 
18) Eine schöne Formel z. B. in Lanawızs, Bd. I, Th. 2, S. 144. 
14) Abgesehen von einigen vollständigen Prozessordnungen in Criminal- 
und Civilsachen aus späterer Zeit; von besonderem Interesse z. B. die Da- 
voser Gerichtsordnung (Entwurf) Th. II, 8. 105, die ein merkwürdiges Ueber- 
gangsstadium vom Öffentlich-mündlichen zum schriftlich-geheimen Verfahren 
vor Augen führt.
	        
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