Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

53 — 
auf dem Punkt anlangen zu wollen, den gerade vor 100 Jahren 
das eigenartige System der preussischen Allgemeinen Gerichtsord- 
nung mit ihrer stark entwickelten richterlichen Fürsorgepflicht 
bezeichnete, nachdem den weitesten Ausschlag nach der anderen 
Seite, der Selbstherrlichkeit und Selbstverantwortlichkeit der Par- 
teıen, nach Anlehnung an französische Vorbilder und im Gegen- 
satz zu der Lehre des älteren gemeinen Rechts?), die deutsche 
Civilprocessordnung oder doch die Theorie und die Rechtshand- 
habung bewirkte, wie jene sie schuf, und diese sie dann ins 
Rechtsleben übersetzte. In solcher Rückkehr zu den alten An- 
schauungen zeigt sich wieder, unter einem anderen Bilde ge- 
sprochen, der „Spiralgang‘‘ der Culturentwicklung auch auf dem 
Rechtsgebiete; es wird damit, wenn auch in aufgeklärterer Art, 
auf die früher verworfenen Grundsätze der Processpolitik zurück- 
gegriffen, die durch die Irrthümer der überwuchernden ‚Verhand- 
lungsmaxime‘“ verdunkelt waren und sich jetzt allmählich durch 
den Nebel manchesterlicher Ideen zur Anerkennung wieder durch- 
ringen. 
Das Problem der staatlichen Fürsorge für das Wohl der 
Unterthanen, von dem hier nur eine einzige Seite zur Erscheinung 
gelangt, reicht weit über den Bereich des Civilprocesses hinaus. 
Es handelt sich dabei freilich nicht mehr allein um den Gegen- 
satz, den man durch die Schlagworte „Verhandlungs“- und „Unter- 
suchungsmaxime“ bezeichnet, sondern um den je nach der Zeit 
und ihren Strömungen verschieden beantworteten Streitpunkt, in- 
wieweit die Rechtsordnung die Einzelinteressen nöthigenfalls auch 
Schrift über „‚richterliche Ermittlung und Feststellung des Sachverhalts im 
Civilprocesse“ (1888) für eine Reihe der jetzt von der österreichischen Re- 
gierung vorgeschlagenen Bestimmungen eingetreten. Von BAEHR ist eine 
weitere Abhandlung in der Zeitschrift für Civilprocess zu erwarten. — Ueber 
die ferneren Schicksale des österreichischen Entwurfes konnte bei Abschluss 
dieser Arbeit noch nicht berichtet werden. 
2) J. H. BoEHMER, Exercitationes ad pand. II, Nro. 35, ec. 1$ XI. und 
Levser, Meditationes II specimen 120 c. 2.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.