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eingehenden Prüfung unterzogen sind, und ihre Abstellung durch
Vorschläge dort versucht wird, die, — wenn sie auch, was ich
als selbstverständlich voraussetze, ihre eigentliche Bewährung erst
im Feuer der Praxis finden müssen, — den besten Erfolg ver-
sprechen. In den Erläuterungen ist aber m. A. n. das Beste ge-
sagt und zusammengefasst, was seit Langem über den Civilprocess
und seine Bedeutung für das Rechtsleben geurtheilt worden ist.
Welch köstliche und doch in Theorie und Praxis immer wieder
vernachlässigte Wahrheit liegt beispielsweise in dem Satze, dass
der Process nicht um seiner selbst willen da sei, dass die ‚‚ge-
richtliche Rechtsverfolgung im gewissen Sinne nur eine Art der
Rechtsausübung, nur eines der Mittel zur Erlangung des Rechts-
genusses und daher so einzurichten sei, dass sie den zu erzielen-
den Genuss thunlichst wenig schmälert und immer im richtigen
Verhältnisse zum concreten Werthe des Rechtsgenusses bleibe“
(P.O. S. 187); oder, wie es an einer anderen Stelle heisst: (P.O.
S. 243): „Der Prozess als blosses Mittel der Rechtsbehauptung
und des Rechtsgenusses muss seiner ganzen Bestimmung gemäss
dem Meritum subordinirt bleiben. Nur soweit er und seine einzel-
nen Acte für den Rechtsschutz nothwendig sind, diesen thatsäch-
lich fördern und ihm dienen, nur soweit kömmt ihnen wirkliche
Berechtigung zu. In den am gerichtlichen Verkehre betheiligten
juristischen Kreisen ist immer eine gewisse Neigung vorhanden,
processrechtlichen Fragen selbständige Bedeutung beizulegen,
(Wandelbare Formel des Offenbarungseides); $ 110 Abs. 2 (Kranke und Wöch-
nerinnen dürfen kraft Zwangsverwaltung nicht ausgetrieben werden; s. da-
gegen Entwurf der deutschen Zwangsversteigerungs-Ordn. $ 194, S. 2).
Beiläufig eine persönliche Bemerkung. Trotz der von mir sorgfältig
beachteten Kritik meiner Schrift über „richterliche Ermittlung und Fest-
stellung“ halte ich im Wesentlichen daran fest, dass die meisten der der
C.P.0O. gemachten Vorwürfe sich durch eine mehr vom Geiste der „Unter-
suchungsmaxime“ geleitete Rechtshandhabung beseitigen liessen, also nicht
das Gesetz selbst treffen; wenn ich im Gegensatze zu dem österreichischen
Entwurfe Manches an ihr zu bemängeln habe, so bezieht sich das zumeist auf
ihre landläufige Auslegung und Handhabung.