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besondere durch Friedensverträge. Der vertragsmässigen Begründung steht
gleich die ununterbrochene Rechtsausübung während unvordenklicher Zeit
(Erwerb von Hoheitsrechten).. Für völlig unabhängige Staaten der inter-
nationalen Rechtsgemeinschaft können nur diese beiden rechtlichen That-
sachen den Entstehungsgrund für Staatsservituten abgeben. In zusammen-
gesetzten Staaten, in denen die Gliedstaaten in staatsrechtlicher Abhängig-
keit von der obersten Reichs- bezw. Bundesgewalt stehen, gelten auch
Verjährung und Gesetz als Erwerbsthatsachen (8. 196). Ein Staatsservitut
erlischt durch einen die Aufhebung festsetzenden Vertrag zwischen dem be-
rechtigten und verpflichteten Staat bezw. durch einen von dem letzteren
angenommenen Verzicht des ersteren. Weitere Erlöschungsgründe sind:
Consolidation (Zusammenfallen der Berechtigung und der Verpflichtung in
einem Subject), Untergang des Objects, Untergang des berechtigten Staates
ohne Succession in die völkerrechtlichen Verhältnisse desselben. Dagegen
bei Untergang des verpflichteten Staates ohne völkerrechtlichen Successor
bleibt das Gebiet, in welchem ein Servitut im engeren Sinn besteht, mit
derselben behaftet, wie überhaupt eine derartige Belastung auf jeden neuen
Erwerber des betreffenden Gebietes übergeht.
Die verdienstvolle Arbeit füllt eine Lücke in der Staates- und Völker-
rechtswissenschaft aus. Dr. Zeller.
Wilhelm Henle, Die Wuchergesetze vom 24. Mai 1880 und 19. Juni
1893. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1894.
Das vorzügliche Buch gewährt die Vorgeschichte des Wuchergesetzes
von 1880, bietet sodann die eingehendste und gründlichste Schilderung der
Entstehung wie der parlamentarischen Behandlung sowohl des Gesetzes vom
24. Mai 1880 als der Novelle vom 19. Juni 1893. Der Commentar zu beiden
letztgenannten Gesetzen ist klar und inhaltsreich und benützt fleissig die bis-
herige Rechtsprechung. Im Anhange sind dem Buche die die Aufhebung
der Zinstaxen betreffenden Gesetze, sowie die Vorschriften über das Gewerbe
der Pfandleiher und Rückkaufshändler in Preussen und Bayern beigegeben.
S. Frank.
Dr. Fritz Friedmann, Das Reichsgesetz betreffend die Abzahlungs-
geschäfte. Helwing’sche Verlagsbuchhandlung, Hannover 1894.
Der hauptsächlichste Inhalt des Buches ist eine interessante, in Form
des Essays gehaltene Darstellung, wie allmählich die Strömung gegen die den
Abzahlungsgeschäften anhaftenden Missbräuche entstand und in welchen Rich-
tungen Literatur und Publicistik gesetzgeberische Abhülfe verlangten. In
die Darstellung sind geschickt die parlamentarischen Berathungen und ins-
besondere die auf den Juristentagen gestellten Anträge eingeflochten. Der
Commentar zum Gesetze, welches der Verfasser ein „Ausnahmegesetz“ nennt
(S. 8), ist dürftig und beschränkt sich fast ganz auf die beiden ersten Para-
graphen des Gesetzes. S. Frank.