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kirchliche Gesetz bleibt vielmehr nach wie vor kirchliches Gesetz,
es wird ihm eben der weltliche Arm nicht ertheilt, es wird seitens
der Staatsgewalt nicht vollzogen, obwohl es mit dem placetum
regium versehen ist. Die folgenden Ausführungen werden zeigen,
dass die Auffassung dieses gutachtlichen Entwurfes im Resultate
wenigstens, wenn auch nicht in dessen Begründung, mit unserer
Verfassung im Einklange sich befindet.
Der Verfasser des ersten Entwurfes eines Religionsediktes
aus dem Jahre 1808 huldigt der alten Ansicht über das Verbält-
niss von Placet und weltlichem Arme und spricht sich deutlich
in diesem Sinne aus?®: „Jede Kirche kann über alle eigentliche
geistliche Sachen und Personen, welche zu ihrer Genossenschaft
gehören, nach der von ihr angenommenen und vom Staate ge-
billigten Form Verordnungen machen. Diese müssen aber jedes-
mal dem Staate zur Genehmigung vorgelegt werden und erlangen
erst von diesem Zeitpunkte an äussere Verbindlichkeit“.
Aber wie schon die oben erwähnte Verordnung vom 17. Mai
1804, so hebt auch die von ZENTNER vorgenommene Umarbeitung
jenes Entwurfes eine direkte Beziehung zwischen dem Placet und
dem weltlichen Arme nicht mehr hervor: 8 65 dieser Umarbei-
tung, des Religionsediktes vom Jahre 1809, hat abgesehen von
stilistischen Aenderungen den nämlichen Wortlaut wie der gegen-
wärtig geltende 8 58 des Religionsediktes vom Jahre 1818. $ 65
des Religionsediktes von 1809 lautet: „Hiernach dürfen keine Ge-
setze, Verordnungen oder sonstige Anordnungen der Kirchen-
gewalt, nach den hierüber in Unsern Landen schon längst be-
stehenden General-Mandaten, ohne Unsere Einsicht und Genehmi-
gung, publizirt und vollzogen werden. Die geistlichen Obrigkeiten
sind gehalten, nachdem sie Unsere Genehmigung zur Publikation
(Placet) erhalten haben, im Eingange der Ausschreibung ihrer
Verordnungen von derselben jederzeit Erwähnung zu thun“,
2° Sog. Branca’scher Entwurf, IL. Abschn,, Tit.T, $ 1.