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Die Verordnung vom 29. November 1826°! schärft die Be-
obachtung des 8 58 der zweiten Verfassungsbeilage ein und weist
ein Gesuch der Kirchengewalt um Dispensation von der Vor-
schrift dieses Paragraphen zurück, ohne sich über die Zulässigkeit
einer solchen von der Kirchengewalt verlangten Dispensation aus-
zusprechen. Es wird in dieser Verordnung eine prinzipielle Ent-
scheidung der Frage vermieden.
In den Jahren 18295? und 1833°° wurden bei Gelegenheit
bestimmter Vorkommnisse die verfassungsmässigen Vorschriften
über das placetum regium wiederholt betont. Der die Jahre
1846—48 ausfüllende Streit zwischen dem Erzbischofe von Mün-
chen und der Staatsregierung über die Frage, ob sich das Placet
auch auf Erlasse dogmatischen Inhaltes beziehe, berührte unser
Problem nicht.
Den Ausführungen der Kirchengewalt lag beständig die An-
sicht zu Grunde, dass das Verlangen der Einholung des Placet
keine Pflicht der Staatsregierung, und deshalb ein Verzicht der-
selben auf ihr Recht bezüglich des Placet zulässig sei. So
äusserte sich die Würzburger Bischofsversammlung im Jahre
1848°*, und in dem gleichen Sinne spricht sich der Erzbischof
von Köln CLEMEns Aucust Frhr. DROSTE ZU VISCHERING aus.
Der Letztere will zwar die unmittelbare Beziehung zwischen dem
placetum regium und dem weltlichen Arme nicht gelten lassen,
allerdings aus einem staatsrechtlich nicht haltbaren Grunde, in-
dem er gegen eine solche Anschauung die dem Staate der Kirche
gegenüber obliegende obligatio tuitionis anführt, aber einen in
einzelnen Fällen von der Staatsgewalt ausgesprochenen Verzicht
auf ihr Recht, Einholung des Placet zu verlangen, scheint er
51 DÖLLINGER a. a. O. Bd. VIII, 8. 77.
52 Hbenda 8. 77.
53 Ebenda S. 234 und 9. 257 ff.
54 Protokolle der Versammlung im Archiv f. Kath. K.-R. N. FE,
15, 150ff.