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weniger brauchbaren Elemente zuweise, während andere Richter
ausschliesslich mit Civilsachen beschäftigt würden. Verantwortlich
dafür wird das Präsidium gemacht, dessen Mitglieder regelmässig
der Gefahr ausgesetzt seien, persönliche Wünsche sowie Rück-
sichten auf ihnen nahestehende Kollegen allzusehr in Rechnung
zu ziehen und auf’s Lebhafteste dabei interessirt seien, als Ge-
nossen ihrer Arbeit möglichst ihnen sympathische Richter zu er-
wählen. Auch diese Erwägungen sind nicht neu. Dass die Mit-
glieder des Präsidiums leicht geneigt sein könnten, durch persön-
liche Interessen sich leiten zu lassen, ist seitens der Regierungs-
vertreter schon bei der Gesetzesberathung hervorgehoben?®. Dem-
gegenüber mag man erwägen, ob bei der Justizverwaltung die
Berücksichtigung anderer als sachlicher Momente absolut aus-
geschlossen ist, jedenfalls aber sich damit bescheiden, dass, wenn
es sich darum handelt, Hindernisse in ein Gesetz aufzunehmen,
gewisse Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten nicht zu vermeiden
sind; dass man aber über derartige geringe Nachtheile mit Rück-
sicht auf die Wichtigkeit des Prinzips sich hinwegsetzen muss.
Somit steht fest, dass ohne Gefährdung der Unabhängigkeit des
Richterspruchs nimmermehr die Kammerzusammensetzung und
Geschäftsvertheilung aus der Hand des Präsidiums ın die der
Justizverwaltung übertragen werden kann.
Der Vorsitzende kommt bei der Kammerbildung zunächst als
Mitglied, als Richter in Betracht. Als solcher ist er gleichzeitig
die Spitze des Kollegs und hat eine hervorragende Bedeutung in
demselben, weil er die Verhandlung und Abstimmung leitet?* und
dadurch auf die Instruktion der Sache einwirkt. Der Einfluss,
den ein voreingenommener Vorsitzender durch einseitige Prozess-
leitung auf die Entscheidung ausüben kann, ist im mündlichen
Verfahren, wo häufig nur er und keiner der Beisitzer Kenntniss.
von dem Inhalt der Akten hat, oft gar nicht zu redressiren. Die
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885 127 C.-P.-O., 237 R.-St.-P.-O., 196 G.-V.-G.