Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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Leitung der Verhandlung, die Aufrechterhaltung der Ordnung in 
den Sitzungen?® sind aber gleichzeitig vorwaltende Thätigkeiten 
und dass nicht jeder Richter die zu ihnen erforderlichen Eigen- 
schaften besitzt, beweist der Umstand, dass es viele tüchtige 
Richter gibt, denen die Fähigkeit, eine Verhandlung zu leiten, 
mangelt. Dem Präsidenten erwächst ausserdem die Aufgabe, in 
seiner Thätigkeit als Vorsitzender sich ein Urtheil über die Fähig- 
keiten der seiner Aufsicht unterstellten Richter zu bilden, ein 
Umstand, der bei Berathung des Gerichtsverfassungsgesetzes seitens 
der Vertreter der verbündeten Regierungen ausdrücklich hervor- 
gehoben ist?*. Aus diesen Gründen hatten die letzteren noch 
gegenüber den Kommissionsbeschlüssen die Anforderung gestellt, 
die Bestimmung des Vorsitzenden für die einzelnen Kammern der 
Landesjustizverwaltung zu überlassen; man erachtete indessen die 
richterliche Stellung des Vorsitzenden für zu überwiegend, als dass 
bezüglich seiner Person auf diejenigen Garantieen Verzicht ge- 
leistet werden könne, die man bei der Auswahl der Beisitzer für 
erforderlich erachtet habe; der einfache Wechsel des Vorsitzes 
durch Verfügung der Justizverwaltung sei der bedenklichste 
Punkt?’, durch den sogar die Annahmefähigkeit der Reichsjustiz- 
gesetze in Zweifel gestellt werde °*®. 
Die Motive des Entwurfs geben keine Gründe an, wesshalb 
die Vertheilung der Vorsitzenden durch Kollegialbeschluss un- 
thunlich sein sollte; der Umstand, dass die Zuständigkeit der 
Landesjustizverwaltung die Konsequenz der die Mitgliederverthei- 
lung betreffenden Vorschriften des Entwurfs ist, erscheint, nach- 
dem die Unannehmbarkeit der letzteren erwiesen ist, bedeutungslos. 
Als richterliche Mitglieder des Kollegiums findet auf die 
Vorsitzenden alles dasjenige Anwendung, was bezüglich der übrigen 
25 Vgl. $ 177 G.-V.-G. 
® Vgl. oben 8. 219. 
3” GnEIST bei Hann a. a. O. S. 1044. 
28 LAsSKER 8. 1043 daselbst. 
 
	        
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