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eine Begründung in den Motiven überhaupt nicht erfahren und
doch bedeutet sie das Aufgeben einer Garantie für die unab-
hängige Kammerbildung, für welche bis in die dritte Plenar-
berathung hinein gestritten ist, ja in der Verbindung mit den
übrigen Bestimmungen des Entwurfs das völlige Zugrabetragen
jenes Prinzips.
Der 8 69 a.a. ©. ist aus der Erwägung entstanden ®®, dass
das Hilfsrichterthum vom Standpunkt einer unabhängigen Recht-
sprechung ein bedauernswerthes Institut; dass aber die Heran-
ziehung nicht angestellter Richter zur Rechtsprechung mit Rück-
sicht auf die bei den Landgerichten in Preussen herrschenden
Zustände nicht zu umgehen sei und dass es daher lediglich darauf
ankomme, Garantien zu schaffen, welche es der Justizverwaltung
unmöglich machen, durch das Hilfsrichterwesen Einfluss auf die
Kammerbildung und damit auch die Rechtsprechung zu erlangen.
Eine dieser Garantien findet das Gesetz darin, dass die Vertretung
nicht obne den Antrag des Präsidiums angeordnet werden darf.
Dadurch, dass in dem Entwurfe an Stelle dieses Antrags
der Antrag des Landgerichtspräsidenten tritt, wird die Anordnung
der Stellvertretung der Einwirkung des Richterkollegiums ent-
zogen und zur Verwaltungssache erklärt. Nun ergiebt die Ent-
stehungsgeschichte des 8 69 Ges., dass man bis zum Schluss der
zweiten Plenarberathung nicht nur den Antrag des Präsidiums,
sondern sogar den Antrag des Plenums für erforderlich gehalten
hat und dass der Antrag?! des Bundesraths, den Paragraphen
zu streichen und die in der dritten Lesung seitens der national-
liberalen Partei vorgeschlagene, der Bestimmung des jetzigen Ent-
wurfs gleichlautende Fassung sowohl seitens der Antragsteller ®*?
als auch seitens der verbündeten Regierungen ®°? damit begründet
s° Hann a. a. O. S. 579, 813.
sı Hann a. a. O. S. 1229, 1235.
s» 8. 1496, 1573f. das. .
s8 S. 1576, 1579 a. a. O.