Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

—_— 233 — 
lichen Gehalts gehöre ; die weitere Bestimmung aber „mit Aus- 
schluss von Gebühren“ zwingt zu der Annahme, dass den Reichs- 
tag bei Votirung dieses Paragraphen noch andere Grundsätze 
geleitet haben. 
Wenn man die Sicherung des richterlichen Gehalts für eine 
unerlässliche Voraussetzung der Unabhängigkeit des Richters er- 
achtete, so erklärt sich das aus der Erwägung, dass ein Richter, 
der der Gefahr ausgesetzt ist, in seinem Einkommen durch Ver- 
fügungen der Justizverwaltung geschmälert zu werden, geneigt 
sein wird, durch die Furcht vor dieser Einkommenseinbusse in 
seiner Rechtsprechung sich leiten zu lassen. Nicht minder nach- 
theilig auf die unabhängige Rechtsprechung muss aber die Mög- 
lichkeit wirken, durch die Art der richterlichen Thätigkeit im 
einzelnen Falle besondere Vermögensvortheile zu erlangen und 
wenn man der Einwirkung auf die Unabhängigkeit der Rechts- 
pflege im Wege der Einkommensschmälerung durch Festlegung 
des Grehaltes zu begegnen suchte, so musste andererseits für den 
Richter die Möglichkeit ausgeschlossen werden, durch die Recht- 
sprechung im einzelnen Falle besondere Einnahmen sich zu ver- 
schaffen. 
Dass dieser Gedankengang der des Gesetzgebers gewesen ist, 
findet in der Entstehungsgeschichte des Gerichtsverfassungsgesetzes 
Bestätigung. 
In der zweiten Plenarberathung war seitens des Abgeordneten 
REICHENSPERGER ®® der Antrag gestellt, dem & 7 Gesetzes die 
Worte hinzuzufügen „und Gratifikationen“. Dieser Antrag wurde 
u. a. von dem Abgeordneten WINDTHORST°® unterstützt und 
dahin begründet, wenn die Richter im Allgemeinen wüssten, dass 
der Minister in der Lage sei, ihnen ausserordentliche pekuniäre 
Zuwendungen zu machen, so sei nicht zu bezweifeln, dass sie, 
ohne dass es ihnen zum klaren Bewusstsein komme, möglichst 
  
ss S, 1144 a. a. O. 
® S,113lf. a. a. OÖ.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.