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bereit gemacht würden, dem Minister sich angenehm zu machen,
weil Niemand wisse, welches Unglück ihn treffen könne; dadurch
leide die innere Unabhängigkeit des Mannes. In ähnlicher Weise
sprach sich der Abgeordnete HäneL aus. Widerspruch fanden
diese Ausführungen lediglich von dem Abgeordneten GNEIST ®,
der sich dagegen verwahrte, derartige Kautelen zur richterlichen
Unabhängigkeit zu rechnen. Seitens der übrigen Redner, nament-
lich auch seitens des preussischen Justizministers wurde der
WinDTHoRsT’sche Standpunkt nicht bemängelt; es wurde nur
darauf hingewiesen, dass der Justizminister es in der Hand haben
müsse, helfend einzugreifen, wenn ein Richter sich in unverschul-
deter Noth befinde — vgl. die Ausführungen des Abgeordneten
SCHÖNING*! — und die Besorgniss, dass dies durch die Annahme
des REICHENSPERGER’schen Antrags unmöglich gemacht werde,
gegen denselben geltend gemacht. Wenn daraufhin die Ableh-
nung dieses Antrags erfolgte, so darf man daraus lediglich ent-
nehmen, dass der Reichstag die von dem Abgeordneten SCHÖNING
hervorgehobenen praktischen Bedenken für gerechtfertigt erachtete,
die Nichtbemängelung der WINDTHOoRsT’schen Ausführungen er-
giebt dagegen, dass der von diesem Abgeordneten vertretene
Standpunkt, die Möglichkeit, von der Justizverwaltung ausser-
ordentliche pekuniäre Zuwendungen zu erlangen, lasse sich mit
der Unabhängigkeit des Richters nicht vereinbaren, von der Reichs-
tagsmehrheit getheilt wurde. Diese Annahme wird nicht dadurch
ausgeschlossen, dass der Antrag REICHENSPERGER in der dritten
Lesung auch in der Fassung abgelehnt wurde „Remunerationen
oder Gratifikationen können denselben nur als Unterstützung in
Krankheits- oder sonstigen Nothfällen gewährt werden“, da
die Gründe dieser Ablehnung in der Diskussion nicht hervor-
getreten sind.
Es kann nun für den Einfluss einer ausserordentlichen Ver-
“ S,1138 a. a. O.
41 9,1139 a. a. OÖ.