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10. Das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch für das
Deutsche Reich vom 31. Mai 1870 bestimmt in 82 Abs. 2: „In
Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Reichs- und
Landesstrafrechts, namentlich über Missbrauch des Vereins- und
Versammlungsrechts. Endlich bestimmt:
11. Das Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung vom
1. Febr. 1877,86 Abs. 2: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen
Bestimmungen .. .. 2) über das Verfahren bei Zuwiderhand-
lungen gegen die Gesetze über das Vereins- und Versammlungs-
recht“.
Abgeseben von obigen reichsgesetzlichen Vorschriften, von
welchen eigentlich nur die 88 128, 129 des Strafgesetzbuches
tiefer eingreifen, gelten deshalb auch heute noch in (Gremässheit
des $ 2 Einf.-Ges. zum deutschen Strafgesetzbuche die in den
einzelnen Bundesstaaten früher und bis zur Gegenwart erlassenen
Gresetze, welche alle, nach Geschichte und Recht, in erster Linie
den Zweck haben,
a) den Missbrauch des in der persönlichen Freiheit wurzeln-
den politischen Vereinigungs- und Versammlungsrechtes im Inter-
esse der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und
b) ein Hinübergreifen der Thätigkeit der nichtpolitischen
Vereine auf das politische Gebiet zu verhüten.
Besondere, die Materie mehr oder weniger erschöpfend
regelnde Gesetze sind nur in Preussen, Bayern, Sachsen, Baden,
Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Braunschweig, Sachsen-
Koburg-Gotha, Anhalt, Hamburg und Elsass-Lothringen ergangen
— zerstreut sind die bezüglichen Vorschriften in anderen Landes-
gesetzen enthalten in Württemberg, Hessen, Sachsen-Meiningen,
Bremen.
Die gegenwärtige gesetzliche Regelung des Associationswesens
in den deutschen Einzelstaaten erfolgte überwiegend nach französi-
schem Muster. Verhältnissmässig nur wenige Staaten gestalteten
ihre Vereinsgesetzgebung in jüngster Zeit nach eigenen Grund-